Kankunnen/Halén: Zwei „Bandidos“ und die Lust am Rallyesport

Beitragsbild
Foto 1
Foto 2
Foto 3
Foto 4

Dort, wo sich die beiden finnische „Heroen“ in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten trafen, war eigentlich immer so genanntes Rallye-Land gewesen. Da ging es auf den Wertungsprüfungen zwischen Finnland und Australien, zwischen Schweden und Kenia immer darum, wer auf Asphalt, Schotter oder Schnee auf Prüfungen, die zum Teil 40 oder 50 Kilometer lang waren, darum, entweder bei Minus-Temperaturen oder bei sengender Hitze das Maximum aus Körper und Fahrzeug heraus zu holen.

Am vergangenen Wochenende aber trafen sich Juha Kankkunen, vierfacher Rallye-Weltmeister“ und sein Landsmann Markku Alén, wie Juha zu Hause im Land der 1000 Seen eine lebende Fahrer-Legende, auf Einladung von Volkswagen Motorsport im Vorfeld der ADAC Rallye Deutschland auf dem Nürburgring. Da war natürlich viel Benzin und eine Menge Adrenalin mit im Spiel. Von ihrem Können haben die Männer aus „Suomi“ nichts eingebüßt. Denn als Piloten im VW Scirocco R Cup zeigten die beiden alten Haudegen, dass sie auch vom „alten Biss“ der frühen Jahre verloren haben.

„Es war ein harter Fight gewesen zwischen uns beiden. Markku ist mich ein paar Mal richtig heftig angegangen“, resümierte Kankkunen, der sogar einmal FIA-Präsident werden wollte, einen Tag nach dem Rennen auf der für beide ungewohnten Rundstrecke. Dass es aber wohl doch nicht so ganz ernst gemeint war, zeigte seine Bemerkung: „Wenn so zwei alte Bandidos wie wir uns auf der Rundstrecke begegnen, dann können auch schon einmal ein paar Teile fliegen. Aber es hat uns Beiden riesigen Spaß gemacht. Und die Köpfe werden die Alten Herren sich sicherlich nicht mehr einrennen gegeneinander.“

Wenn die beiden Nordmänner ein Geschichtsbuch des Rallyesports aufschlagen würden, dann käme dabei mit Sicherheit ein Abend füllendes Programm heraus. Kankkunen, Alén, Waldegaard, Toivonen, später auch noch Tommi Mäkinen: das war die die Ära der skandinavischen „Wagenlenker der Moderne.“ Männer mit eisernen Nerven, die auf Schnee, Schotter, Asphalt, mitunter auch auf einer Mischung aus allen drei Belägen mit höchstem Tempo an einer Mauer aus Tausenden von Fans vorbei schossen. Filigrane Fahrkünstler, die sich bei der „Monte“ durch ein permanentes Blitzlichtgewitter auf dem Col de Turini arbeiten mussten oder bei der „Safari“ auch einmal im Sprung über ein paar äsende Wasserbüffel flogen. Männer am Lenkrad und an den Pedalen, die dabei weder Tod noch Teufel fürchteten.

Mit etwas Abstand zu den Heldentaten der früheren Jahrzehnte haben Beide, das merkte man im Rahmen des Scirocco-Cups, zwar immer noch einen etwas „verklärten“ Blick auf den Rallyesport der früheren Jahre, dabei aber den Bezug zur Realität nicht verloren. Zumal mit dem spanischen Ex-Weltmeister Carlos Sainz ein weiterer, ganz Großer, des internationalen Rallyesports das skandinavische Duo ergänzte. Da gab es natürlich eine Menge zu erzählen und zu klären zwischen den alten „Haudegen.“ „Der komplette Rennfahrer? Ist es der Mann auf der Rallye-WP oder auf der Rundstrecke?“. Die Frage werde wohl nie schlüssig zu beantworten sein, meinte Kankkunen.

Rallyefahrer seinen nicht generell die kompletteren Piloten, meinte Kankkunen der zweimal das Race of Champions“, eine Art Vielseitigkeitsprüfung im Motorsport, gewonnen hatte. „Die Unterschiede zwischen den Disziplinen sind einfach zu groß. Im Gegensatz zur Rallye muss man sich auf der Rundstrecke nicht nur auf den Kurs konzentrieren, sondern auch auf seine Gegner. Eine Rallye fährt man dafür viel intuitiver: Man kann die Wertungsprüfung höchstens ein- oder zweimal vorher abfahren und dann kommt es darauf an: Einmal am Limit gegen die Uhr! Und dann kann alles passieren.“

Und Markku Alén, der einstige Gegner auf der WP und heutige Weggefährte bei derlei Promi-Rennen. Was denkt er über den Rallyesport früherer Jahre und das heutige Procedere? „Für mich persönlich bedeutete es keine große Umstellung, hier auf dem Nürburgring anzutreten – ich war schon immer ein Grenzgänger zwischen den verschiedenen Motorsport-Gattungen und bin Mitte der 90er Jahre sogar selber in der DTM gefahren.

Und fügte, mit einem Augenzwinkern hinzu: „Aber Rallye fahren ist doch anders. Rallye ist eben Showtime.“

Text: Jürgen C. Braun / Fotos: VW, Braun

Scroll to Top