Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Dass prominente Zeitgenossen oft mit besonderen Automobilen in Verbindung gebracht werden, ist keine neue Erkenntnis. Entweder sie werben für gutes Geld für bestimmte Produkte wie etwa Oliver Kahn und Heiner Brand für Toyota (nur ein exemplarisches Beispiel für viele weitere dieser Art) oder aber sie haben tatsächlich eine emotionale Bindung zu Automobilen. In der Regel handelt es sich dann dabei um Derivate ihrer Kindheit oder ausgefallene Fahrzeuge. Diese sind in der Regel meist sehr schnell, sehr teuer und sehr selten. Letzteres trifft auch auf die kleine Geschichte zu, die ich Ihnen heute erzählen möchte. Eine Geschichte um einen Mann, den die ganze Welt entweder hasst oder bewundert, weil er eigentlich seit 50 Jahren nichts anderes als ein tanzender, stampfender, grölender und provozierender „Rotzlöffel“ ist. Und weil er am Freitag dieser Woche ein angesichts seines Lebenswandels schier unglaubliches, ja fast schon biblisches, Alter erreicht hat.

Es geht um Mick Jagger, den Frontmann und Sänger der einst für die Ewigkeit geschaffenen Pop-Gruppe „Rolling Stones“. Jagger nämlich, inzwischen von Ur-Oma Her Majesty geadelt, und deswegen „Sir Mick“ genannt, hat sich doch tatsächlich in einen Eiswagen verliebt. Diese Nachricht und die damit verbundene Geschichte, die ich auf der Autobahn hören durfte, verbreitete Antenne Bayern in dieser Woche. Der private Münchener Radio-Sender zitierte dabei einen Mann namens Giuseppe della Camera (der Name klingt ein bisschen konstruiert, der Mann aber soll tatsächlich so heißen) wie folgt. Er, der Besitzer des wunderschön restaurierten Wagens aus dem Jahre 1954, sei vor kurzem am Zuhause von „Sir Mick“ im Londoner Stadtteil Wansworth mit seinem Gefährt gestanden, als Jagger mit seinem Sohn auftauchte und ein paar Eis kaufte. Der betuchte Kunde, so wird der Eismann zitiert, habe sich sofort in das seltene, fast 60 Jahre alte Gefährt verliebt und ihm spontan 100.000 Pfund dafür geboten.

So ungewöhnlich die Geschichte bis daher klingt, sie hat (natürlich) noch einen wahrhaft emotionalen Schlussakkord. „Sir Mick“, so der stolze Eismann, „hat sieben Kinder, und ich dachte er wolle mein Fahrzeug haben, um seine Kinder damit zu unterhalten.“ Nach langem Zögern (der Kontostand des Gelati-Mannes konnte sich mit Sicherheit nicht mit dem des zwei Mal verheirateten Interessenten messen), wies er den Deal dann aber doch zurück. Weil er, als liebender Vater einer italienischen Bambina, wohl nicht anders konnte: „Ich habe nämlich meiner Tochter dereinst versprochen, sie in diesem Eiswagen zu ihrer Hochzeit zu fahren.“ Wenn da mal nicht vor lauter Rührung das Eis schmilzt bei der Fahrt zur Kirche.

Und Mick Jagger, der Mann ohne Eiswagen? Nun, er hätte das Gefährt sicher brauchen können in dieser Woche, um seine große Gästeschar mit einer süßen Nachspeise zur Geburtstags-Party zu verwöhnen. Denn, man mag es kaum glauben: Mick Jagger, der ständige auf der Bühne balzende Adonis, mit einem inzwischen tiefen, rissigen Faltengebirge zwischen Augenbrauen und den alles umspannenden, wulstigen Lippen, wurde am Freitag dieser Woche 70 Jahre alt.Was ihm die Band-Mitglieder, sein Manager, seine zahlreichen Ex-Frauen, Kinder und womöglich auch Freunde (so vorhanden) zum runden Geburtstag geschenkt haben, wissen wir natürlich nicht. Nur eines wird ihm verwehrt bleiben. Etwas, das sein stets wie in Trance neben ihm Akkorde rumpelnder Kumpel Keith Richards zu jedem Anlass genießt: Denn der bekommt aufgrund seiner fast morbiden Erscheinung schon tosenden Beifall dafür, dass er überhaupt noch lebt. Und wahrscheinlich auch dafür, dass er es länger an Jaggers Seite ausgehalten hat, als jede Frau.

In diesem Sinne, auch ohne Eiswagen für läppische 100.000 Pfund: Noch auf viele schrille Töne, Sir Mick, Du Sinnbild der zerknautschten ewigen Jugend. Denn eines weißt Du gewiss: „Time is on my side.“

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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