Buchtipp – Wolfgang Herrndorf: Tschick

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Der Arzt macht den Mund auf und zu wie ein Karpfen. Es dauert ein paar Sekunden, bis Worte rauskommen. Der Arzt schreit. Warum schreit denn jetzt der Arzt? Er schreit die kleine Frau an. Dann mischt sich der Uniformierte ein, eineblaue Uniform. Ein Polizist, den ich noch nicht kenne. Er weist den Arzt zurecht. Woher weiß ich überhaupt, dass das ein Arzt ist? Er trägt einen weißen Kittel. Könnte also auch ein Bäcker sein. Aber in der Kitteltasche hat er eine Metalltaschenlampe und so ein Horchding. Was soll ein Bäcker mit dem Horchding, Brötchen abhorchen? Wird schon ein Arzt sein. Und dieser Arzt zeigt jetzt auf meinen Kopf und brüllt. Ich taste unter der Bettdecke her um, wo meine Beinesind.

Was für eine Karriere! Ein Buch, das manchem Pädgagogen den Schweiß auf die Stirn treibt, erhält den Deutschen Jugendliteraturpreis und wird einige Zeit nach Erscheinen der ersten Ausgabe als Taschenbuch in der Jugendbuch-Reihe des Verlags herausgebracht. Halb so teuer wie die gebundene Version, aber mit demselben Covermotiv, das schon signalisiert: Hier geht's drunter und drüber. Ist ja im richtigen Leben oft genug auch so. Nicht nur, wenn man noch jung und ungestüm ist.

Wolfgang Herrndorfs Tschick rumpelt gegen alle möglichen Konventionen des Lebens, und es wirkt immer glaubhaft, nie bemüht oder verkrampft. Damit erinnert gerade die rororo-Rotfuchs-Ausgabe an die Anfänge der Reihe: Ruhig von etwas schreiben, was alles andere als ordentlich ist, eine nervenkranke Mutter zum Beispiel, einen Vater auf Geschäftsreisen, einen geklauten Lada und andere Katastrophen. Das macht es längst nicht nur für Jugendliche interessant, trotz der Auszeichnung mit einem der renommiertesten Preise in dieser Kategorie.

Wolfgang Herrndorf: Tschick. Rowohlt Hardcover; 16,95 Euro.
Rowohlt Taschenbuch (rororo rotfuchs); 8,99 Euro.

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