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Dem legendären Vorgänger aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurde nachgesagt: „Er fährt und fährt und fährt.“ Doch das ist mittlerweile Urzeiten her. An die Stelle des fast 22 Millionen mal weltweit verkauften VW Käfers ist längst der Wolfsburger Million-Seller, (fast 30 Millionen Einheiten) der Golf, geworden. In seiner siebten Generation mittlerweile. Wir fuhren den neuen „7er“ Golf mit dem 150 PS starken 2.0-Liter TDI-Motor in der Ausstattungsvariante „Highline“ und dem Doppelkupplungsgetriebe (DSG). Ungeachtet aller Motor-, Ausstattungs- und Getriebevarianten bleibt auf den ersten Blick und beim ersten Platz nehmen festzuhalten: Wenn der Vorgänger fährt und fährt und fährt, dann gilt für den Nachfolger: Er bleibt und bleibt und bleibt. Auch in seiner mittlerweile siebten Generation. Ein Golf nämlich. Die große Optik-Revolution hat auch beim Golf VII (wieder einmal) nicht stattgefunden. Golffahrer lieben das Wertbeständige, das Konservative, sie wollen einen gewissen Wiedererkennungswert auf der Straße haben. Ein Golf soll bei aller Weiterentwicklung nicht nur ein Golf bleiben. Er soll auch weiterhin so aussehen. Mit 4,25 Metern wuchs der neue Golf gegenüber dem Vorgänger um fünf Zentimeter in die Länge. Was dem unbeteiligten Beobachter nicht wirklich auffällt.

Die eher subtile Revolution auf Wolfsburger Art findet sich unter dem Blech wieder. Das geht los bei einem Blick auf das Cockpit, auf die Armaturen, die Anordnung und Bedienbarkeit der Instrumente oder des großen Touchscreens. Viele Funktionen wurden in das Lenkrad übernommen, doch dahinter steckt kein blinder Aktionismus. Die Anordnungen haben ihren Sinn, verwirren nicht. Ein „Gedicht“ ist das Navi, das selbsttätig beim Heranfahren an ein Ziel oder den Punkt einer Richtungsänderung seine Darstellungsform vergrößert oder verkleinert. Dessen Bedienung erinnert zudem mehr an das leicht spielerische wischen auf einer IPad-Oberfläche. Ein besonderes Detail im Blickfeld des Fahrers ist der Schalter für die Fahrprofilauswahl: Er signalisiert auf dem Bildschirm die Fahrmodus-Varianten „Normal“, „Comfort“, „Sport“, „Eco“ oder „Individual“.

Das Interieur macht wie immer bei VW einen hochwertigen Eindruck. Das zeitlose Design des Golf erweckt den Eindruck von Wertbeständigkeit. Dennoch haben sich die Proportionen ein wenig geändert. Das Zauberwort dazu im Volkswagen-Konzern heißt modularer Querbaukasten (MQB). Dadurch sind die Vorderräder um 4,3 Zentimeter weiter nach vorn gerutscht. Was den Eindruck erweckt, der vordere Überhang sei kürzer und die Motorhaube gleichzeitig etwas länger geworden.Aber von den ersten Sitz- und Standeindrücken weg hin zum Fahrgefühl. 150 PS setzt unser Common-Rain-Diesel mit zwei Liter Hubraum frei. Wobei es nicht die reine Anzahl der „Pferde“ sind, sondern das Drehmoment von 320 Nm ab 1.750/min, das für ein in jeder Hinsicht ansprechendes Vorwärtskommen sorgt. Gleich ob auf der Autobahn in Stufe 6 des so wunderbar weich und dennoch exakt und kaum spürbar arbeitenden DSG, oder bei ständigen Wechseln der Fahrstufen. Was übrigens beim Betätigen der Wippen am Lenkradkranz noch viel mehr Freude bereitet: Der Selbstzünder scheint für dieses Auto wie bestellt. Insgesamt kamen wir im Berichtszeitraum auf einen Durchschnittsverbrauch von 5,6 Liter auf 100 Kilometer.

Volkswagen gibt die Höchstgeschwindigkeit für den Golf VII mit dieser Motorisierung mit 212 km/h und den CO2-Aussoß mit 117 g/km an. Nun fühlten wir uns nicht unbedingt dazu verpflichtet, den Wahrheitsgehalt dieser Angabe zu überprüfen. Doch Fakt ist, dass man sich mit diesem Fahrzeug, mit seiner Straßenlage, seiner Grundkonzeption, seinem gesamten Ansprechverhalten eben auch bei Werten zwischen 180 und 200 km/h sicher und entspannt im Handling und im Umgang damit fühlt. Folgt man dann noch den Warnhinweisen im Display des Müdigkeitsassistenten („Bitte Pause machen“), verwischt das vorhandene Bedenken ohnehin zum großen Teil.

Ausstattungselemente wie das serienmäßige XDS, das elektronisch per Bremseingriff ein Sperrdifferenzial simuliert sind Folgen einer ständigen technischen Weiterentwicklung. Das ist dann – als nur eines von mehreren Details – das eigentlich Neue am Golf VII. Nicht eine Bügelfalte im Blechkleid, die angeblich mehr Dynamik versprechen soll. Von der präzisen Lenkung kommt ungefilterte Rückmeldung, an Traktion und Spurtreue im Mittelgebirge des westlichen Hunsrücks mangelt es auch nicht. Die Federung steckt zudem auch hinterlistige Schläger heimatlicher Seitenwege mit Frostaufbrüchen des (vergangenen?) Winters klaglos weg. Der selbst zündende Motor macht sich im Prinzip akustisch nicht bemerkbar.

Eines war ein Golf nie, ist auch die siebte Auflage des inzwischen (fast) schon zum Klassiker mutierten kompakten Wolfsburgers geworden: ein Schnäppchen nämlich. So beinhaltet auch das aktuelle Modell eine ganze Armada von Assistenzsystemen, aktiven und passiven Sicherheitseinrichtungen, die alle nur ein Ziel haben: Mehr Sicherheit und mehr Komfort beim Reisen. Dazu gehören auch eine Multikollisionsbremse, die ein verunfalltes Fahrzeug nach einer Kollision automatisch abbremst sowie ein proaktives Insassenschutzsystem namens „PreCrash“. Die hochwertige Highline-Ausstattung unseres 5-Türer-Testwagens beginnt bei 29.725 Euro.

Eines verbindet den Golf VII mit allen seinen Vorgängern. Es ist wieder mal der beste Golf geworden. Aber eigentlich hat man auch nichts anderes erwartet.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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