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Verschiedene: Das Beste aus dem Musikladen. (Sony)

Ein Ohrwurm als Intro, eine Reihe gut gelaunter Go-Go-Girls, dazu Namen auf Namen – schon war man mittendrin im Musikladen, jener Sendung, die in den 70er und 80er Jahren den bezeichnenden Untertitel: TV Discotheque International trug, moderiert von Uschi Nerke und Manfred Sexauer, die den Zuschauer zwischen den Musiktiteln mit reichlich Rundum-Informationen zur Popkultur versorgten. Erst später würde man sowas Infotainment nennen.

Sony Music hat jetzt eine Reihe von CDs und DVDs zur legendären Sendung veröffentlicht. Den wohl besten Querschnitt bietet diese 3-CD-Box, die ein Spektrum von den Moody Blues (Nights In White Satin) bis Talk Talk (Such A Shame) abdeckt.

Es gibt viel Bekanntes – natürlich. Ein Beispiel ist Bonnie Tyler, die mit It's A Heartache aus der Not einer problematisch verlaufenen Stimmband-OP eine Tugend machte und von einer harmoniesüchtigen Pop-Sängerin zur erfolgreichen Rock-Röhre wurde. Den Reiz der CD-Box macht aber auch das aus, was heute nicht mehr zum Tracklist-Standard der Sender gehört. Loretta Goggi etwa mit ihrem Maledetta primavera, ein Ohrwurm aus dem Sommer 1981. Oder Brotherhood Of Man, die doch mehr waren als nur ein One-Hit-Wonder nach ihrem 1976er Grand-Prix-Sieg. Nicht zu vergessen die Little River Band, jenen ohrwurmspezialisierten Australiern, denen in Deutschland nie der rechte Durchbruch gelang.

Schon verblüffend, dass nicht ein einziger dieser Titel von gestern klingt. Dieser Mix spiegelt aber nicht zuletzt die Entwicklung (oder die Vielfalt) des Pop. Da ist der einfach gestrickte Mitsing-Titel (der nichts anderes sein will und soll). Dann kommt die Disco-Welle, die gut und gerne mit Elektronik arbeitet, deren musikalische Möglichkeiten auslotet und immer auch Erotik einbezieht, heftige öffentliche Diskussionen einkalkulierend (man erinnere sich an die ersten Boney M.-Cover, die hier mit Daddy Cool vertreten sind). Immer wieder gibt es von Songs verschiedene Versionen – die Maxi-Single, Markenzeichen der Siebziger und Achtziger, ist längst vom Markt verschwunden, war aber Wegbereiterin einer bis heute beliebten Praxis. Und mit der boomenden Elektropop-Welle à la Talk Talk verabschiedet sich schließlich der Musikladen vom Bildschirm. Für lange Abende ist diese CD-Box ein Muss – weil sich das Zappen zum über-übernächsten Titel erübrigt. Man will schlichtweg keinen verpassen.

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