Liebe Leserin, lieber Leser!
Bei manchen Meldungen, die einem so im Laufe der Woche auf den Tisch flattern, muss man mitunter schon einmal etwas genauer hinschauen: Ist das denn nun für den virtuellen Papierkorb geeignet, hat diese Pressemitteilung irgend einen nachrichtlichen Wert, oder will uns da wirklich jemand mit einer ungewöhnlichen Überschrift auf „den Text ziehen“, wie wir das im Kollegen-Jargon sagen. So ging es mir etwa am Donnerstagnachmittag, als eine E-Mail mit der Ankündigung „Papst Benedikt reist ab sofort besonders Umwelt schonend“ im Outlook-Eingang blinkte. Angesichts mancher historischer Begebenheit der katholischen Kirche innerhalb der vergangenen Jahrhunderte kam mir zunächst der Gedanke, der Pontifex werde in Zukunft zumindest die etwas kürzeren Wege innerhalb des Vatikans auf einem jener meist sehr störrischen, grauen Tiere mit den langen Ohren zurück legen. Doch angesichts des schon recht fortgeschrittenen Alters des Oberhirten verwarf ich diese zugegeben waghalsige Vermutung sogleich wieder.Mein Interesse an der Meldung indes war geweckt, was sicherlich auch im Sinne des Absenders war. Und bei Selbigem handelte es sich, wie ich bei etwas genauerem Hinsehen erkannte, um den Presseservice des Hauses Renault. Der französische Autobauer teilte darin mit, dass man dem Vatikanstaat ab sofort zwei emissionsfreie Elektrofahrzeuge übergeben habe. Zusammen mit dem französischen Karosserie-Spezialisten habe man „zwei rein elektrisch betriebene Kangoo Z. E. für die Anforderungen des katholischen Kirchenoberhauptes“ umgebaut. Und Renault-Chef Carlos Ghosn wird in der PM zitiert, das Unternehmen unterstreiche bei der Übergabe in der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo mit dieser Spende seinen „respektvollen Umgang mit der Natur.
Soweit, so gut. Ich möchte jetzt auch nicht näher auf die Vorzüge dieses weißlackierten Gefährtes mit dem Papstwappen auf den Türen eingehen, das von einem 60 PS starken Elektromotor angetrieben wird. Dennoch, so habe ich sinniert, „da haben wir zum ersten Mal seit Jahrhunderten einen deutschen Papst, einen mit bayerischen Wurzeln noch dazu und dem schenkt ein französischer Autobauer ein Elektro-Fahrzeug.“ Zugegeben, zur Zeit der heiligen Inquisition hätte sich eine solche PR-Kampagne mit einem Elektrofahrzeug schwerlich inszenieren lassen. Aber mal ehrlich: Als wenn wir jenseits des Weißwurst-Äquators keine Autobauer hätten. Irgendwie muss das die Herren Vorstände in München oder Ingolstadt doch gewaltig wurmen, dass ihnen die Franzosen die Schlagzeilen so quasi vor der Haustür geklaut haben.
Nun, der mediale Coup sei Ihnen gegönnt, den Renault-Leuten. Nur eines möchte ich an dieser Stelle dennoch festhalten. Nicht alleine das Haus Renault darf auf seinen „respektvollen Umgang mit der Natur“ verweisen. Dieses Privileg, liebe französische Kollegen, nehme ich für mich selbst auch in Ihrem Lande in Anspruch. Bei meinen jährlichen Besuchen der „Tour de France“ nämlich. Auch ich begegne den Erzeugnissen der Natur zwischen Nantes und Nizza mit höchst respektvollem Umgang. In der Regel allerdings erst zu später Stunde in Form eines edlen Beaujolais-Hochgewächses in Verbindung mit einer vorzüglichen „assiette de fromage“. Und das, liebe Renault-Kollegen, erledige ich wirklich mit dem höchsten Respekt vor den Erzeugnissen der französischen Natur.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein angenehmes und genussreiches Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun