Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

„Tue Gutes und rede darüber.“ Dieser (Sponsoring)-Devise zufolge erfahren wir derzeit nicht nur, wer die kickenden EM-Stars in Polen und der Ukraine unterstützt, sondern auch, wer sein Scherflein zum Gelingen der Documenta in Kassel beiträgt oder am Rande der Bregenzer Seefestspiele mit prall gefülltem Beutel bereit steht.

Je mehr Menschen, oder besser gesagt potenzielle Kunden, davon erfahren, umso besser für den Wohltäter. Und da sich vor allem der mobile Nachwuchs, der in der Regel zwar einen Führerschein, aber eben noch kein Auto besitzt, für fetzige Musik und Bands begeistert, wird diesen halt gerne unter die Arme gegriffen. Immerhin müssen die Gruppen, und alles was an technischem Kram dazu gehört, ja mobil sein, um von Konzert A zu Konzert B zu gelangen.

Ob es jetzt an der Jahreszeit liegt, weil dort besonders viele Freiluft-Konzerte stattfinden, oder ob es schlicht und einfach Zufall war, dass so viele PR-Meldungen dieses Genres in den vergangenen Wochen auf den Tisch flatterten, weiß ich nicht. Ich habe mich auch weder über die Höhe der Zuwendung noch über die Identität des Beschenkten gewundert. Indes: Bei der geballten Ladung der Namen aktueller Bands, da zog es mir dann doch schon ein wenig – mit Verlaub gesagt – „die Schuhe aus“.

Zugegeben: Kein Mensch muss mehr einem Bob Dylan jenseits der 70er mittels Treppenlift oder Rollator werbewirksam auf die Bühne helfen. Zumal Bobby, der alte Grantler, ohnehin keine einzige Zugabe gibt. Und die Helden der 60er und 70er Jahre, wie Beatles, Rolling Stones oder Bee Gees, sind inzwischen größtenteils ein Opfer des zwangsläufig einsetzenden biologischen Zerfalls geworden. Die Klientel von Mick Jagger oder Sir Paul McCartney und Co. gehört denn auch nicht mehr ins Beuteschema der großen Autobauer.

Also will ich jetzt an dieser Stelle mal kurz aufführen, wer nach den Aussendungen der jüngsten PR-Meldungen wen aktuell unterstützt. Ohne dabei zu wissen, wer in diesem verbalen Kuriositäten-Kabinett überhaupt gemeint ist. Volkswagen rüstet eine Gruppe, die sich „Revolverheld“ nennt, mit ein paar gängigen Produkten seiner reichhaltigen Palette aus. Ford kümmert sich werbewirksam finanziell um einen „liederlichen Zusammenschluss“ der sich „Unheilig“ nennt. Und beim großen Audi-Treffen am Wörthersee gastierte eine Band, deren Namen mich an manch misslungenen Versuch des Anbaggerns aus der eigenen Sturm-und-Drang-Zeit erinnerte: „Die Schürzenjäger“.

Nun gut, die PR-Strategen werden schon wissen, was sie tun. Verraten möchte ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, aber dennoch eines, bevor ich Sie ins Wochenende entlasse: Mein letzter Konzert-Besuch vor ganz kurzer Zeit war von keinem einzigen Plakat, keinem PR-Gedöns und keinem „wird präsentiert von XY“ begleitet. Doch es war einfach nur richtig klasse: „Jethro Tull“ mit einem fast 65-jährigen Ian Anderson an der Querflöte in Höchstform.

Ich wünsche Ihnen ein ähnlich an- und aufregendes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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