Buchtipp der Woche

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Christos Tsiolkas: Nur eine Ohrfeige. Klett Cotta Verlag; 24,95 Euro.

Literatur hat an sich keine Aufgabe. Sie kann aber verschiedene übernehmen, sofern die Leserschaft sich darauf einlässt. Dazu gehört es, gesellschaftliche Zustände zu beschreiben, gegebenenfalls sehr zugespitzt und dabei auf jenen Wohlklang zu verzichten, den man (aus gutem Grund) in der Schule als gepflegte Sprache erlernen soll.

Nur eine Ohrfeige ist so ein Buch. Sein Autor wird mit Philip Roth verglichen und mit Tom Wolfe – also mit Personen, die die amerikanische Gesellschaft nach Kräften gegen den Strich bürsten und damit echte Klassiker geschrieben haben. Tsiolkas' Thema ist die australische Mittelschicht, der er nicht sonderlich gnädig begegnet: Ein Barbecue an einem heißen Sommertag hätte zum perfekten Fest werden können, wäre da nicht eine Ohrfeige dazwischengekommen. Die verpasst ein Erwachsener einem dreijährigen Kind – mit weitreichenden Folgen. Unversehens wird eine Auseinandersetzung über verschiedene Auffassungen von Ehe, Erziehung und Freundschaft daraus.

Hinter vermeintlichen Banalitäten lauern Abgründe, und ein eigentlich harmloses Ereignis legt sie offen. So darf man, um Nur eine Ohrfeige einzuordnen, in der Literaturgeschichte noch einen Schritt weiter zurück gehen: Tennessee Williams war es, der den amerikanischen Süden am Beispiel eines familiären Großereignis unbarmherzig auseinandernahm. Wer Nur eine Ohrfeige aus der Hand gelegt hat, wird sich auf eine (Wiederbegegnung) mit Tennessee Williams' Katze auf dem heißen Blechdach freuen. Vielleicht wird Tsiolkas' Roman in ähnlicher Weise einmal verfilmt – wie Williams' Vorlage mit der unvergesslichen Elizabeth Taylor an der Seite von Paul Newman.

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