Wojciech Kuczok: Lethargie. Suhrkamp Verlag; 19,90 Euro.
Der Mann schont seine Leserschaft nicht und packt genau diese Absicht schon in den Titel: Lethargie ist es, die sämtliche seiner Figuren handlungsunfähig macht. Ob es um eine Ehe geht, die den Namen längst nicht mehr verdient, um eine gefährliche Erkrankung, die inneren Kampfgeist statt Resignation erfordert oder eine Abhängigkeit von Eltern, die Bevormundung und Kontrollzwang mit Fürsorge verwechseln. Wojciech Kuczok erzählt drei Lebenswege unabhängig voneinander. Die Wege kreuzen sich nicht, aber es genügt schon, dass die Menschen dies eine ungute Gefühl teilen. So wirkt nichts, als sei es zu irgend einem dramaturgischen Zweck nur möglichst sensationsheischend nebeneinander gestellt worden.
Überhaupt kommt der junge polnische Autor völlig ohne äußere Sensationen aus. Seine Figuren sind alltäglich, man würde sie höchstwahrscheinlich übersehen, säße man mit ihnen – zum Beispiel – in einem U-Bahn-Wagen zusammen. Man wird auch eher Mitleid denn Sympathie für sie empfinden. Umso spannender gestaltet Kuczok den Ausweg aus der Lethargie, den die Betroffenen schließlich finden. Immerhin ansatzweise.
Eigentlich hat man alles und müsste zufrieden sein. Trotzdem arbeitet irgend etwas in einem wie ein schleichendes, lähmendes Gift. Um das zu überwinden, genügt es nicht unbedingt, sich selbst einfach nur zusammenzureißen. Damit hat der 40-jährige Autor, der in seiner Heimat als Senkrechtstarter unter den jungen Schriftstellern gilt, ein alltägliches Thema ganz und gar nicht alltäglich umgesetzt.