Richard Thiess: Halt, Stehenbleiben! Polizei! Aus dem Leben eines Ermittlers. Deutscher Taschenbuch Verlag; 9,90 Euro.
Das sah anders aus als es war: Die vermeintliche Auseinandersetzung zwischen einem Mann und einer Frau entpuppte sich als harmloses Missverständnis um – einen Hund. Und der involvierte Mann war kein Gangster, sondern ein harmloser schottischer Tourist. Freilich konnte Richard Thiess, Polizist und Ermittler mit langjähriger Erfahrung, das nicht ahnen. Und handelte nach der Devise: Besser einmal zu viel eingreifen als Sorglosigkeit walten lassen und sich nicht drum scheren.
Man schmunzelt beim Lesen. Trotzdem: Richard Thiess hat sich hier, wie auch in den anderen geschilderten Fällen, weit mehr von Instinkt und Erfahrung leiten lassen als von einer professionellen Deformation. War sein Erstling noch geprägt von wirklich schlimmen Verbrechen, deren Folgen Thiess vor allem für die Hinterbliebenen ebenso einfühlsam wie drastisch schilderte, geht's im Nachfolger nicht ganz so grauslich zu.
Im Mittelpunkt stehen aber immer noch menschliche Schicksale. Zum Beispiel das jener alten Frau, die durch einen Fernsehbericht an Kriegserfahrungen erinnert wurde, dann Realität und Bildschirmfiktion nicht mehr trennen konnte, sich unversehens bedroht sah, zu Hause verbarrikadierte – um dann doch verzweifelt Hilfe auf der Polizeiwache zu suchen. Die Hilfe, die Richard Thiess und seine Mitarbeiter der Frau – erfolgreich – anbot, lernt man an keiner Polizeischule.
Richard Thiess ist ein Mann mit Überzeugungen. Einer mit funktionierendem innerem Kompass. Das zeichnete sein erstes Buch aus, das zweite nicht minder. Was aber (angesichts der geschilderten authentischen Fälle naheliegend) hier sympathischerweise etwas mehr in den Vordergrund tritt: Der Mann hat handfesten Humor und die Fähigkeit zur Selbstkritik. Allein das reichte aus, um dieses Buch lesenswert zu machen.