Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!
Auf dem Weg, uns Autofahrer(inne)n, die Arbeit im Cockpit – und damit vielleicht auch ein Stück weit Verantwortung – abzunehmen, lässt die Industrie nicht nach in ihrem Bestreben, immer weitere Assistenzsysteme zu erfinden. Ein Großteil dieser elektronischen Heinzelmännchen macht Sinn. Weil sie vorausschauend „denken“ und wirken, damit oft Unfälle verhindern können. Und weil sie zum Wohlbefinden der Insassen beitragen, also ein durchaus wesentlicher Teil der Komfort-Ausstattung sind.
Ein spezielles „Assistenzsystem“ und seine Handhabung/Arbeitsweise wurde mir diese Woche per e-Mail offeriert und ließ mich eher an einen Aprilscherz denken. Es war aber – wir schreiben erst Ende Januar – sicherlich keiner.
Frei nach dem Motto „Jeder sitzt anders“ haben Forscher des „Advanced Institute of Industrial Technology“ in Tokio einen Gesäß-Scanner entwickelt. Dieses Wunderwerk der Messtechnik besteht aus einer Matte mit 360 Drucksensoren, die in der Sitzfläche des Autositzes integriert wird. Nimmt Mann oder Frau Platz, passiert dies: Alle 20 Millisekunden melden die Sensoren ihre Daten. Daraus werden 39 unterschiedliche Merkmale berechnet. Die Kombination dieser Werte soll ein ebenso zuverlässiges biometrisches Merkmal sein wie der Fingerabdruck oder das Muster der Regenbogenhaut. Die Software erkennt, wie stark sich die gemessenen Daten vom Referenzwert des tatsächlichen Autobesitzers unterscheiden.
Damit nicht genug: Die Software erkennt nicht nur, welches Gesäß Platz genommen hat. Sie entscheidet auch darüber, ob das Auto anspringt oder nicht. Weil sie erkennt, ob das da sitzende Gesäß dem rechtmäßigen Besitzer des Fahrzeugs gehört oder nicht. Klar, dass jetzt schon die ersten Versuchsreihen unternommen wurden, um heraus zu finden, wie hoch die Trefferquote des neuen Messinstrumentes ist. Denn so ganz sicher ist sich der neue Messer wohl noch nicht. Bisher wurde in einer ersten Versuchsreihe mit sechs Personen der richtige Besitzer noch in 2,2 Prozent der Fälle nicht identifiziert. Nur in 1,1 Prozent der Fälle ließ sich der Computer täuschen und erkannte eine falsche Person als Besitzer.
Was uns dieses neue System und seine ersten streng analytischen Messwerte sagen sollen? Dass dieser Popometer wahrscheinlich noch längst nicht das Ende der Fahnenstange bei derlei erkennungsdienstlichen Maßnahmen im Automobil sein wird. Lassen Sie mich spekulieren: Körperausdünstungen oder Zehennägel-Längen wären auch als Instrumente denkbar, um uns als (Nicht)-Autobesitzer zu identifizieren. Und dann wird ein Computer entscheiden, ob dieser sonderbare Eindringling berechtigt ist, auf der persönlichen Mobilitätsskala eine Rolle zu spielen dürfen.
Wenn wir dann endlich so weit gekommen sind, liebe Leserinnen und Leser, werde ich zum permanenten Fußgänger und mache aus meinem einstigen grauen Lappen, aus dem längst eine Plastikkarte geworden ist, eine virtuelle Bulette. Selbige soll dann identifizieren, wer will. Bis dahin aber ist es noch ein wenig – oder sogar ein wenig länger – hin.
Für heute wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun