Test-Tour: Jeep Wrangler Unlimited „Sahara“

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Es ist nicht so ganz einfach und ungefährlich an eine automobile Legende Hand anzulegen und ein Facelift vorzunehmen. Vor allem dann, wenn das Original bereits sieben Jahrzehnte auf dem Buckel hat und eine große Fangemeinde hinter sich weiß. Die hat sich in der Regel auch noch dem Purismus dieses „Kriegsveteranen“ verschrieben und beobachtet alle Versuche, aus dem „Matschwühler für Machos“ einen „SUV light“ machen zu wollen, mit größtem Argwohn. Aber keine Bange, liebe Leute. Der Jeep, und um den geht es hier, ist auch nach seinem großen Facelift und 70 Jahre nach dem Geburtstag des Ur-Jeep „Willys“ im vergangenen Jahr kein gezähmter Salontreter geworden.

Und dennoch war es an der Zeit, der gesamten Marke einen zeitgemäßen Anstrich zu verleihen, ohne dabei die Wurzeln der Fahrzeuggattung in Frage zu stellen. So wurde die komplette Modellreihe überarbeitet, vom kompakten Jeep Compass bis hin zum aufwändigen Jeep Grand Cherokee. Der Wrangler erhielt mit dem 2011er Facelift einen komplett überarbeiteten, modernisierten Innenraum. Wichtig zudem für die europäischen Versionen die Motoren-Varianten bei den Dieselmodellen und das neue Automatik-Getriebe. Wir fuhren den Jeep Wrangler mit dem 2.8 Liter großen und 200 PS starken Vierzylinder-Diesel bei 460 Newtonmeter in der am höchsten ausgestatteten Version „Sahara Unlimited.“

Nun waren zum Zeitpunkt unseres Fahrberichtes zwar weder wüstenartige Gegebenheiten noch arktische Bedingungen mit meterhohem Schnee vorhanden. Für ein paar ordentliche Versuche, im aufgeweichten Wald- und Wiesengelände des westlichen Hunsrücks hat es dennoch gereicht. „Unlimited“ bedeutet in diesem Falle auch einen halben Meter zusätzlichen Radstand, was sich im Innenraum (mit optionalem Ledergestühl) des kantigen Wegbegleiters sehr positiv bemerkbar macht. Wie sich überhaupt die Raummaße ordentlich verschoben haben. Das gilt nicht nur für das Gepäckvolumen, das jetzt bei maximal 1.315 Liter liegt. Auch Schultern, Kopf und Knie haben einiges an Raum hinzu gewonnen.

Gemessen wird das Ergebnis der Verbesserungs-Bemühungen jedoch an den Offroad-Eigenschaften des Probanden und somit vor allem am Fahrverhalten abseits befestigter Pfade. Voraussetzung für einen Erfolg auf dem heimischen Markt war die Umrüstung des 2.8-Liter-Vierzylinder-CRD auf Euro 5. Gleichzeitig wurde eine neue Fünfgang-Automatik angeflanscht. Sie ist gegenüber der Basisausstattung „Sport“ in der Variante „Sahara“ serienmäßig.

Niemand wird von einem Jeep Limousinen-Eigenschaften verlangen. Weder in der Lautstärke noch im Abrollverhalten oder bei den Durchzugswerten des großvolumigen Selbstzünders. Dennoch ist der kernige Geselle etwas zivilisierter worden, ohne dass es ihm dabei an die Grundausrichtung gegangen wäre. Das Aggregat macht sich zwar mit unüberhörbarem Gedenk-Nageln an den seligen Herrn Rudolf Diesel bemerkbar. Doch der Anschub ist kräftig, die Automatik reagiert flüssig und spontan. Dank des hohen Schwerpunktes hat man beim kräftigen Kick-down des Gaspedals immer noch ein wenig das Gefühl, als sei man mit Kara Ben Nemsi auf Ausflugstour vor die Tore Mekkas.

Dennoch verrät der neue Jeep Wrangler weniger Wankbewegungen, ein ausgeprägteres Feingefühl des Dämpfer- und Federnapparates und auch ein sensibleres Lenkverhalten. Das allerdings ist nicht gerade angesagt, wenn man den großen Wendekreis des Testfahrzeugs von 12,25 Meter einmal in Anspruch nehmen muss. Auf aufgeweichten Pfaden mit schlammigem Untergrund musste man nicht mehr das Gefühl haben, als schlittere der mächtige Jeep permanent aus der Spur oder zeige Tendenzen zu ausgedehnten Kippübungen.

Die Vorteile der steiferen Karosserie machen sich gerade in diesem Bereich bemerkbar. Zudem erweist sich das serienmäßige ESP als Sicherheitselement in einer Art vorauseilenden Gehorsam. Hinzu kommt ein maßvolles, aber auch notwendiges Gesamtpaket an unterstützenden Maßnahmen: Bremsassistent, Überrollbügel, elektronische Sperrdifferentiale und starre Achsen an modernen, überarbeiteten Radaufhängungen machen aus dem ungehobelten „Willys“ des Jahres 1941 ein Fahrzeug, das dem ungestümen Drang nach Abenteuer Sicherheit und Kontinuität verleiht.

Noch ein paar Ausstattungsdetails: Der Jeep vermittelt seinem Fahrer in der Tat das Gefühl unbegrenzter Freiheit. Die halben Türen mit Kunststofffenstern sind komplett abnehmbar, die Windschutzscheibe kann vollständig herunter geklappt werden. Die einzelnen Hardtop-Elemente können in einem zusätzlichen Staufach unter der Bodenplatte des Kofferraums untergebracht werden. Willys Enkel ist mit ausgehängten Türen, geöffnetem Verdeck und herunter geklappter Windschutzscheibe ein ganz und gar außergewöhnliches Fahrzeug geworden. Eine gelungene Symbiose aus sieben Jahrzehnten Offroad-Geschichte.

Die Preispalette für den Jeep Wrangler Unlimited (serienmäßig mit Fünfstufen-Automatik-Getriebe) beginnt bei 35.950 Euro.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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