Test-Tour: Alfa Romeo Giulietta 2.0 JTDM

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Zeitgenossen, für die Autos mehr sind als nur ein Mittel zum Zweck, um von Punkt A nach Punkt B zu kommen, werden zwangsläufig irgendwann nicht an Alfa Romeo vorbei kommen. Oder auch nicht daran vorbei kommen wollen. Denn die Produkte der sportlichen Tochter des Fiat-Konzerns waren seit jeher etwas für Menschen, die mit Sinn und Emotionen für das Schöne und Aufregende an ein Automobil herangehen. „Alfisti“ sehen die Auto-Welt nicht nur mit anderen Augen, sondern sich selbst auch als Gralshüter einer ganz besonderen Spezies von Fahrzeugen.

Darunter war die „Giulietta“ oder das „Julchen“, wie die deutsche Fan-Gemeinde den traditionsreichen Kompakten aus „bella Italia“ nannte, eine ganz besondere Erscheinung. Die „Giulietta“ war nicht nur das erste erfolgreiche Volumenmodell von Alfa, sondern sie verbreitete auch in einer Auto-Welt, in der dank Käfer und Kadett teutonische Gründlichkeit auch in den unaufgeregten Formenspielen herrschte, einen Hauch von lebensfroher Dolce Vita in deutschen Wirtschaftswunder-Zeiten.

Von der alten „Giulietta“ hat das aktuelle Modell, das auf den „Alfa 147“ folgt, außer dem Namen nicht viel mitbekommen. Das muss dem Fahrzeug indes nicht zum Nachteil gereichen, denn Retro-Autos haben es nicht immer kraft ihres Status leicht, als aufgehübschte Enkel in der Welt ihrer Vorgänger das Erbe anzutreten. Für den Auftritt in der Kompaktklasse, in der der Alfa Romeo Giulietta gegen Golf und Co. antritt, hat Fiat eine eigene Plattform mit verschiedenen Radständen für verschiedene Modelle entworfen. Im Falle des „Giulietta“ sind das 2,46 Meter bei einer Außenlänge von 4,35 Meter. Das ist in diesem Segment schon am oberen Rand platziert.

Auffallend auf den ersten Blick ist der kleine Kühlergrill mit dem herausfordernden Scudetto in der Mitte. Ungewöhnlich sind die Türgriffe für die hinteren Türen, die oben in der D-Säule angebracht sind. Die Heckansicht des ansonsten sehr muskulös wirkenden Italieners wird dominiert von Rundleuchten, die rechteckig in der Heckklappe zulaufen. Der Nachfolger des „147“ strahlt Individualität aus, ohne dabei als Designer-Objekt der Begierde zu glänzen.

Dank des langen Radstandes hat der neue kompakte Alfa Romeo vor allem auf den hinteren Sitzen an Raum gewonnen. Im Blickfeld des Fahrers prangen die aus dem Hause Alfa bekannten Rundinstrumente, die kleinen, etwas wackeligen Kipphebel im Armaturenbrett sind dagegen nicht der Ergonomie letzter Schluss. Der Fahrer hat jede Menge Möglichkeiten, sich seine individuelle Sitzposition einzurichten. Das braune Leder-Gestühl mit den zierlichen Nähten wirkt hochwertig und ist durchaus ein Teil italienischer Lebenskultur.

Etwas Besonders ist der kleine „Zauberstab“, ein Schalter links unten in der Mittelkonsole. Mit dessen Hilfe lassen sich drei Fahrprogramme („Dynamic“, „Normal“ und „All weather“) einstellen. Größere Fahrfreude bereitet dabei die Fahrstufe „Dynamic“, bei der das Stabilitätsprogramm später einschaltet, die Arbeit der Servolenkung direkter wirkt und sich auch der Bremsdruck erhöht. Da weiß man dann schon, warum das Haus Alfa Romeo als die sportliche Fiat-Tochter durchgeht.

Zur „Turismo“-Ausstattung unseres Testwagens gehören nicht nur die serienmäßigen sechs Airbags, Klimaanlage, und ESP, sondern auch Annehmlichkeiten wie eine Fahrgeschwindigkeitsregelung (Cruise Control), eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, ein Multifunktionsdisplay, Audioanlage mit CD/MP3-Player, Lederlenkrad und markante Leichtmetallräder.

Das Fahrverhalten des Fronttrieblers, der in diesem Fall von einem 140 PS starken 2.0 Liter Diesel mit wartungsfreiem Partikelfilter angetrieben wird, ist schlicht und ergreifend eine Wucht. Im kurvigen Landstraßen-Geschlängel zieht „Julchen“ mit Verve, großer Agilität und Spurtreue von dannen. Hohe Traktion, verbunden mit einem durchaus komfortabel anmutenden Sportfahrwerk passen zu der Attitüde, die man sich von einem Fahrzeug der Marke Alfa Romeo erhofft und erwartet. Erst bei 205 km/h endet der Vortrieb des Fahrzeugs, das – auch wenn er außer dem Namen nichts mehr gemein mit dem Urahnen hat – den Wertebegriff „Giulietta“ auch in der Neuzeit alle Ehre macht.

Als „Giulietta Turismo“ kostet der kompakte Alfa Romeo, befeuert von einem 140 PS starken Selbstzünder, 25.450 Euro.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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