Oldtimer sind bei großen Automobilmessen oft die heimlichen Stars. Auch wenn sie in der Regel nicht die großen „Million-Seller“ werden, so sind die Zeitzeugen der Automobil-Geschichte als attraktive „Schmankerl“ und Randerscheinungen im Reigen neuer, hypermoderner Fahrzeuge oft ein gern gesehener nostalgischer Gegenpol. Das ist in diesem Jahr auf der IAA in Frankfurt/Main nicht anders. Zumal 2011 der 125. Geburtstag des Automobils gefeiert wird.
Der Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) hat deshalb gemeinsam mit dem veranstaltenden Verband der Automobil-Industrie (VDA) und dem ADAC in Halle 6.1 eine in der Tat atemberaubende Show initiiert. Feinsäuberlich herausgeputzt stehen dort seltene Ausstellungsstücke, beginnend mit dem Patent-Motorwagen von Carl Benz bis hin zu Youngtimern, die fast 100 Jahre älter sind als der „Urvater“ des Automobils.
Mit dem „Patent-Motorwagen“ begann vor 125 Jahren alles: Am 29. Januar 1886 erhielt Carl Benz vom kaiserlichen Patentamt in Berlin für seine Erfindung das Reichspatent Nr. 37435. Das war die eigentliche Geburtsurkunde des Automobils. Während Gottlieb Daimler seinen mit seinem kongenialen Partner Wilhelm Maybach modifizierten Otto-Motor in eine Kutsche einbauen ließ, produzierte Benz ein ganzes Automobil. Das in Frankfurt ausgestellte Exemplar ist detailgenau nachgebaut. Das Original steht im Verkehrszentrum des Deutschen Museums in München.
Der Stand mit den 17 Oldtimern ist im Stil einer Tankstelle der 1960er Jahre errichtet. Zu bestaunen sind dort unter anderem die genialen Erfindungen aus dem späten 19. Jahrhundert, die voluminösen „Motordroschken“ des frühen 20. Jahrhunderts bis hin zu den ersten Großserien-Fahrzeugen, die in den 20er- und 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts fabriziert wurden. Traumautos aus der Nachkriegszeit gehören zur Parade der frühen Stars ebenso dazu wie etwa eines der ersten Nutzfahrzeuge: der Goliath GD aus dem Jahr 1954. Das aus dem Hause Borgward in Bremen stammende Fahrzeug mit seiner Nennleistung von 15 PS wurde weniger als 100 Mal produziert. In Frankfurt ist das letzte noch „lebende“ Modell zu sehen.
Auf dem blechernen Laufsteg stehen außerdem Eckpfeiler aus der Automobilgeschichte wie der „Opel Patentmotorwagen System Lutzmann“, ein „Ford T Speedster“ von 1912 oder ein 40 PS starker Mercedes Simplex aus dem Jahr 1902. Genau so spannend zu erfahren ist die Geschichte des in Halle 6.1 ausgestellten Vorserienwagens des VW 30, Baujahr 1937. Er war ein Jahr vor dessen Serienstart der Vorläufer des ersten Volkswagen „Käfers“. Für Freunde der Kategorie „schnell und Geschichte schreibend“ dürfte der erste Audi Quattro zu Beginn der Achtziger Jahre ein besonderer Anziehungspunkt sein.
Die Geschichte der sportlich-luxuriösen Automobile leiteten mächtige und mondäne „rollende Burgen“ wie der 3 Liter Bentley Speed aus dem Jahr 1924 ein. Das Fahrzeug ist einer der weltweit ersten Serienwagen mit einem Vierventil-Zylinderkopf und Doppelzündung. Auf Hochglanz getrimmte Ausstellungsstücke wie ein Horch Cabriolet aus dem Jahr 1937 oder der älteste, noch existierende, in Zuffenhausen gefertigte Porsche (Modell 356 Coupé, Baujahr 1950) bereichern die einzigartige Präsentation.
Der ZDK zeigt zudem in einer sogenannten „lebendigen“ Werkstatt, wie in einem Fachbetrieb für historische Fahrzeuge kleine Beulen an einem Oldtimer lackschadenfrei ausgebessert werden.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun