Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!
Halten Sie es mit diesem vertrackten Zahlenwerk auch so, wie viele unserer Mitmenschen, die auf dem Standpunkt stehen: „Ich vertraue nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe?“ In einem Land wie dem unserem, in dem penibel über alle möglichen Verhaltensweisen Buch geführt wird und in dem es sogar ein statistisches Bundesamt gibt, müssten derlei fein säuberlich zu Papier gebrachten Erkenntnisse doch eigentlich als Evangelium gelten. Wenn das denn so sein sollte, dann darf ich Ihnen, meine Damen, an dieser Stelle schon einmal gratulieren. Nicht nur wegen ihres vorbildlichen Betragens im Autoverkehr, sondern auch, weil sie gleichzeitig eine andere, offensichtlich nicht zutreffende, Statistik widerlegt haben.
Aber der Reihe nach: Sie wissen es sicherlich alle: Telefonieren mit dem Handy am Ohr ohne Freisprechanlage im fahrenden Automobil ist verboten. Es kostet 40 Euro und außerdem gibt es das, was jede Fußballmannschaft bekommt, wenn sie unentschieden spielt. Einen Punkt nämlich. Aber nicht in der Tabelle, sondern in der Flensburger Verkehrssünderkartei. Selbiges gilt übrigens auch für das Schreiben von SMS.
Eine Untersuchung, die das Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest dieser Tage im Auftrag des Mobilfunkanbieters E-Plus angestellt hat, hat jedoch ergeben, dass es mit der Disziplin am „Kommunikationsbolzen“ nicht weit her ist bei uns. Fast die Hälfte (48 Prozent) aller Autofahrer nämlich scheint der Strafenkatalog nicht zu interessieren. Sie telefonieren weiter munter drauflos. Ist alleine dieses Ergebnis schon genau so erstaunlich wie verwerflich, so taugt die Unterscheidung in Geschlechter noch mehr zum Kopf schütteln und zum verwunderten Augen reiben.
Wird den Damen unter Ihnen also zu unrecht nachgesagt, dass Telefonieren zu Ihren Lieblingsbeschäftigungen gehört? Denn, so das Untersuchungsergebnis: Während 55 Prozent aller Männer im Auto während des Fahrens zum Handy greifen, beweisen die Damen mehr Akkuratesse. Lediglich 41 Prozent unter Ihnen können mitunter der Versuchung zum Handy-Gebrauch beim Auto fahren nicht widerstehen. Von wegen also Quasselstrippen! Alles Lug und Trug. Sind doch viel öfter wir Männer es, die mal wieder den Nachrichtenkonsum anheizen müssen.
Aber wie auch immer das Ergebnis dieser Meinungsumfrage zustande gekommen sein mag. Vielleicht sollten wir es wirklich mit der eingangs zitierten Lebensweisheit halten, wonach wir wirklich nur den von uns selbst manipulierten Statistiken Glauben schenken sollten. Und im Übrigen: Besser ist es wirklich, wir lassen die Finger von diesem tönenden Nervtöter. Denn das kostet nicht nur Strafen, wenn man erwischt wird, sondern das Risiko, dass man dabei unachtsam wird und einen vielleicht folgenschweren Unfall provoziert, ist nicht von der Hand zu weisen.
Noch teurer als bei uns wird es übrigens im Ausland: In Portugal und Slowenien zahlt man 120 Euro, in Österreich ab 50 Euro und in der Schweiz umgerechnet 70 Euro. Am deftigsten langen die Italiener zu: ab 155 Euro. Und wird man mit dem Handy am Ohr in einen Unfall verwickelt, erhält man auch dann eine Teilschuld zugesprochen, wenn man den Crash gar nicht verursacht hat.
Daher mein Rat: Mobile Freisprecheinrichtungen funktionieren meist recht gut und kosten auch nicht die Welt. Und das ist nun ausnahmsweise mal keine Statistik, die ich selbst gefälscht habe.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun