Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!
Loriot ist tot: Diese Meldung hat uns sicherlich alle berührt. Vicco von Bülow, wie er bürgerlich hieß, verfügte über einen feinsinnigen, hintergründigen und dabei nie verletzenden Humor, der die Bezeichnung einzigartig wahrlich verdient.
Die Mitteilung aus dem Autoradio erreichte mich auf der Ostsee-Autobahn A 20 zwischen Wismar und Rostock (nicht allzu weit entfernt von einem der Schauplätze aus Loriots Pappa ante portas von 1991). Das Autobahn-Teilstück zählt zu den wenigen, auf denen man in unserer Republik inzwischen noch über einen längeren Zeit- und Kilometerraum keinerlei Beschränkungen als die des eigenen Verstandes und der damit verbundenen Einsicht in die Unzulänglichkeiten des eigenen Fahrvermögens in Kauf nehmen muss.
Wussten Sie, liebe Leserinnen und Leser, dass Loriot, der aus den banalsten Alltäglichkeiten noch scheinbar Skurriles und Welt Bewegendes inszenieren konnte, sich auch einmal mit dem Thema Automobil in einem seiner zahlreichen Sketche auseinander gesetzt hatte? Aus dem Jahr 1997 datiert jene Episode mit dem Namen „Von Autos, Pferden, Polizei und Feuerspritzen.“ Wie immer, geht es dabei, auch mit seiner Traumpartnerin Evelyn Hamann, darum, dem täglichen Kampf mit den eigenen Unzulänglichkeiten und den Lebens-Umständen jene scheinbare Souveränität ab zu gewinnen, die sich später expressis verbis als pure Hilflosigkeit im Schlagabtausch mit den Elementen des prägnant inszenierten Unsinns entpuppt. Etwa der nach Aufklärung dräuenden Frage, wie man einen Kosakenzipfel teilt, oder jener uns immer noch beschäftigenden Ungewissheit, was denn nun die Steinlaus während der Schwangerschaft verzehrt.
Meine Fahrt von der Ostsee bis weit in den Süden der Republik wurde noch des Öfteren von hinlänglich bekannten Episoden und Aphorismen dieses großartigen Genies des Wortes unterbrochen. Und nach ein paar Stunden ertappte ich mich, in Höhe Wuppertal-Barmen, bei einem amüsierten Schmunzeln. Logisch, musste ich doch an Erwin Lindemann denken. Genau! An den Durchschnittsbürger, der von seinem Lottogewinn erst mal nach Island fahren wollte, aber dann, verwirrt von eifrigen Kameraleuten, schließlich coram publico verkündete, dass der Papst von seinem Lottogewinn eine Herrenboutique eröffnen würde. Auch hier: Slapstick, der bei aller Komik die handelnden Personen niemals der Lächerlichkeit preisgibt.
Und wie sieht es mit potentiellen Nachfolgern aus? Heute tummeln sich auf den Bildschirmen Mario Barth, Oliver Pocher und andere. Sendeplatzfüller im öffentlich-rechtlichen und im Privaten Fernsehen. Na dann: Gute Nacht, deutscher Humor.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende,
Ihr Jürgen C. Braun