Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!
Wie wichtig ist Ihnen beim Kauf eines neuen Fahrzeugs (das kann natürlich auch ein Gebrauchtes sein) eigentlich dessen Leistung? Überwiegt bei Ihren Argumenten für oder gegen ein bestimmtes Automobil eher dessen Design, seine Wirtschaftlichkeit und seine Attribute in punkto Alltagstauglichkeit. Oder spielt doch die Leistung des „Neuen“ die tragende Rolle bei Ihrer Entscheidungsfindung?
Durchschnittlich 134 PS, so ergab jetzt eine Studie im Auftrag der Universität Duisburg-Essen, wo der anerkannte Automobil-Experte Prof. Ferdinand Dudenhöffer lehrt, habe ein neu zugelassenes Fahrzeug auf deutschen Straßen im ersten Halbjahr 2011 gehabt. 1995 waren es noch 95 PS gewesen, im Jahr 2000 stieg der Leistungsproporz bereits auf 110 PS an. Von dort an ging es stetig bergauf mit den PS-Zahlen. Einzige Ausnahme: Das Jahr 2009, als wegen der damaligen „Abwrackprämie“ besonders kleine und damit weniger leistungsfähige Fahrzeuge im Fokus standen.
Ich denke, das ist eine ganze Menge angesichts der vielen Kompaktfahrzeuge der deutschen Hersteller oder Importeure, die unser Straßenbild im Allgemeinen beherrschen. Des Rätsels Lösung: Es sind in erster Linie die – vielfach geleasten – Geschäfts-Limousinen, aber auch die hoch motorisierten luxuriösen Geländewagen, die diesen Wert so nach oben treiben. Da reißt ein „dicker“ 7er aus dem Hause BMW oder eine M-Klasse aus dem Hause Mercedes-Benz schon mal mehr nach oben raus, als ein ganzer Schwung von Corsas, Polos, Peugeot 107 oder Hyundai i20 „unten herum“ gut machen können.
Das Interessante ist, dass sich im Laufe der Jahre, in denen die PS-Zahl der Fahrzeuge stetig angestiegen ist, auch der Zeitgeist erheblich gewandelt hat. Leute, die mit teuren und starken Limousinen oder SUV’s unterwegs sind, werden mittlerweile eher als Umweltsünder an den Pranger gestellt, denn als Besitzer chicer und schneller Karossen bewundert. Eine Stigmatisierung, die man so allerdings nicht einfach stehen lassen kann.
Denn eine höhere Motorisierung geht mittlerweile längst nicht mehr zwingend mit höheren Umweltbelastungen einher. Der Trend zum Downsizing, also dem Bau von Motoren mit weniger Hubraum, trägt ganz erheblich zur Senkung des Durchschnittsverbrauches bei. Dennoch sagt auch Dudenhöffer. „Der Trend immer weiter steigender Motorleistungen birgt die Gefahr, dass Energieverbrauch und Motorleistung als weniger sozial akzeptiert angesehen werden.“ Ein Risiko, das vor allem die deutschen Automobilhersteller betreffe.
Dass vorwiegend deutsche Firmen Fahrzeuge mit teilweise exorbitant hoher PS-Zahl produzieren, liegt aber auch am ständig wachsenden Export-Geschäftsbereich. In China, Russland oder den großen Schwellenländern wird die soziale Kompetenz oft noch an der Leistungsstärke des eigenen Fahrzeugs gemessen. Was bei uns eigentlich nur noch so ganz im Geheimen mit vorgehaltener Hand geht.
In diesem Zusammenhang noch eine Randnotiz: Audi hat seit Jahren eine Partnerschaft mit dem Deutschen Fußball-Rekordmeister FC Bayern München, dessen Akteure demzufolge auch Fahrzeuge aus Ingolstadt fahren. Vor ein paar Tagen haben die Münchener Starkicker sich im Werk ihre neuen Autos abgeholt und fleißig Autogramme geschrieben. Aus dem Gros der Ball spielenden Angestellten möchte ich nur einen erwähnen: Torjäger Mario Gomez entschied sich für einen 500 PS starken Q7 V12 TDI. Nun, er wird nicht untermotorisiert sein.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende, unabhängig von der PS-Zahl Ihres Fahrzeugs.
Ihr Jürgen C. Braun