Liebe Leserin, liebe Leser,
stellen Sie sich doch bitte einmal folgende Situation vor. Sie führen, je nachdem in welcher beruflichen Rolle Sie sich befinden, mit Ihrem Chef oder einem Ihrer Mitarbeiter ein möglichst vertrauliches Gespräch. Wie wichtig sind Ihnen in diesem Falle Offenheit und Transparenz von Seiten Ihres Gesprächspartners? Sind Sie der Meinung, es sei besser, erst einmal von beiden Seiten etwas vorsichtig „die Katze im Sack“ zu lassen oder halten Sie es lieber nach der Regel: „Karten auf den Tisch?“

Warum ich Ihnen diese Frage stelle? Nun, nicht nur im persönlichen Vier-Augen-Gespräch, sondern auch im täglichen Umgang mit Produkten ihrer Wahl, sprich deren Herstellern, sind Transparenz und Offenheit Werte, denen viele Mitmenschen scheinbar immer größere Bedeutung beimessen. Auf einer langen Autofahrt hörte ich zu Beginn dieser Woche einen ebenso interessanten wie auch in der Meinung kontroversen Beitrag über die neue Internet-Plattform www.lebensmittelkarheit.de. Dort können Kunden sich über Lebensmittel, deren Hersteller oder auch über Kaufhäuser und Supermärkte auslassen und Dinge des täglichen Gebrauchs an den Pranger stellen, weil ihnen dies oder jenes missfällt. Bedarf dafür ist offenbar vorhanden, denn die Seite war, kurz nachdem sie ans Netz ging, lange Zeit nicht erreichbar, weil der Server völlig überlastet war.

Offenheit und Verbrauchernähe sind aber auch ein Thema bei vielen großen Unternehmen. Oft jedoch ist die reale Wahrnehmung ganz anders, als man sich das das wohl in der Vorstands-Etage vorgestellt hat. Das renommierte Wirtschaftsmagazin „Capital“ berichtet in seiner jüngsten Ausgabe, dass die Mehrheit der 30 Dax-Konzerne von der Bevölkerung im Allgemeinen als wenig transparent wahrgenommen werde. Das Blatt bezieht sich dabei auf eine repräsentative Studie der Frankfurter Beratungsagentur Klenk & Hoursch unter 3.000 Verbrauchern.

Nach dem Ergebnis dieser Studie liegen offenbar Welten zwischen der Selbsteinschätzung der Unternehmen in Bezug auf deren Transparenz und der Wahrnehmung des Verbrauchers auf der anderen Seite. Interessanterweise schneidet unter den an der Börse notierten DAX-Konzernen Volkswagen am besten ab. Was aber offensichtlich nicht unbedingt stellvertretend für die Branche steht, geschweige denn auch ein zufriedenstellendes Zeugnis beinhalten muss.

Denn selbst die Wolfsburger werden laut „Capital“ von nicht einmal der Hälfte der Deutschen (44,5 %) als offen und transparent wahrgenommen. Auf dem zweiten Platz folgt mit BMW (38,7 %) ein weiterer Autohersteller, gefolgt von Adidas (37 %). Auf den Plätzen vier und fünf folgen Lufthansa (36,4 %) und Daimler (35,2 %). Ganz schlecht schneiden in punkto Transparenz und Offenheit übrigens die Bankinstitute ab.

Überprüfen Sie doch einmal „im stillen Kämmerlein“: Wie empfinden Sie persönlich eigentlich die „Öffentlichkeitspolitik“ Ihres Autoherstellers? Informativ, glaubhaft, oder sind Sie der Meinung, dass man Sie als Verbraucher über Vieles doch im Unklaren lässt? Schließlich kostet die Anschaffung eines Automobils ja immerhin einen nicht gerade geringen Betrag. Vielleicht sind Sie ja von Ihrer eigenen Einschätzung überrascht.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein erholsames Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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