Inzwischen kennen Sie, geschätzter Besucher von www.kues.de, meinen guten alten Bekannten Emporio Mendoza, der mir aktuelle Stimmungsbilder von der Dakar-Rallye aus Argentinien und Chile per Mail schickt. Manches aus seinen Berichten wirkt bisweilen etwas scharf und pfeffrig formuliert. Aber: Emporio hat nahezu immer Recht mit seinen Einschätzungen vor Ort, er ist eben ein alter Hase. Soeben flatterte mir seine aktuelle Mail in den Rechner vom 5. Wertungstag:
Guter Freund, gottlob sind die Tagestemperaturen hier oben in der chilenischen Atacama-Wüste moderater als unten in den schwülen Ebenen mit ihren brutal-schnellen, flachen Vollgas-Etappen. Letzte Nacht hatte ich in meinem Zelt nur 6 Grad über Null. Da war Erholung dann zum Fremdwort geworden. Die Teilnehmer, zumindest die, die finanziell besser gestellt sind, dürfen in Hotels mit Dusche übernachten. Ist ihnen gegönnt bei dem Knochenjob. Warm ums Herz hingegen dürfte es Stephane Peterhansel und seinem Teamchef Sven Quandt geworden sein nach der 5. Wertungsetappe. Was ich vorgestern orakelte, traf ein: Peterhansel blies zur Attacke und nahm Sainz und Al-Attiyah , den bis dahin Führenden, richtig Zeit ab. Ergebnis des Tages: Peterhansel trieb seinen wie ein Uhrwerk gehenden BMW X3 CC mit Herz und Hirn durch die fesh-fesh-Passagen (Sanduhr-feiner Tiefsand) und eroberte den Tagessieg. Damit schob er sich im Gesamtklassement ganz knapp an Nasser Al-Attiyah wieder vorbei auf den 2. Platz und näherte sich dem führenden Sainz beträchtlich. Das bis dahin auf einem 7. Rang liegende X-Raid-Team Novitzkiy/Schulz übersah bei vollem Tempo ein nicht in den Waypoints vermerktes tiefes Loch. Novitzkiy brach sich dabei die Hand zweimal am Lenkrad und musste aufgeben. Die vier reinen Werks-Touaregs belegten an diesem Tag die Plätze 2,3,4 und 5. Spinelli auf dem privaten Mitsubishi Lancer kam auf einen feinen 7. Tagesrang. Chicherit auf dem Monster Mystery-All4-Mini schob sich erneut weiter vor und liegt inzwischen im Gesamten auf Rang 11. Damit nähert er sich der Vorgabe von Teamchef Quandt, irgendwo zwischen 5 und 10 einzulaufen, rapide. Robby Gordon auf dem mächtigen V8-Hummer musste mit technischen Gebrechen aufgeben, schade, er sorgte immer für viel Kolorit. Nun geht es langsam aus Chile wieder zurück in die argentinischen Kordilleren (Anden), wo richtig heftige Verhältnisse auf die Teilnehmer warten: tiefer Sand, hohe Dünen und messerscharfes Geröll im steten Wechsel. Mir sind diese langen Etappen fast zu viel, bin ja auch fast doppelt so alt wie Nasser Al-Attiyah. Das geht an die Substanz, guter Freund. Aber ich halte durch! Anfang der neuen Woche melde ich wieder, denn zuvor ist noch der erste (und einzige) Ruhetag für alle. Auch für mich!
Soweit Emporio Mendoza live aus der Atacama-Wüste in Chile, fast 4000 Meter über dem Meer.
Text: Frank Nüssel/Emporio Mendoza
Fotos: Neil Perkins