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SP-X/Köln. Infiniti ist die neue Unbekannte auf dem deutschen Automarkt. In Design und Technik eher durch den amerikanischen Geschmack geprägte Fahrzeuge mit PS-starkem Antrieb versuchen im grau-schwarzen Business-Einerlei der etablierten Premium-Hersteller, Farbtupfer der Individualität zu setzen. Und das zu Preisen, die kaum als Unterscheidungsmerkmal taugen: Der getestete G37, eine sportliche Mittelklasse-Limousine mit vier Türen, liegt mit einem Grundpreis von 40.600 Euro nur geringfügig unter dem Niveau von BMW, Audi und Mercedes – ist dabei allerdings deutlich besser ausgestattet.

Man kann Infiniti – zumindest aus selbstbewusster deutscher Perspektive – natürlich einiges vorwerfen: Zuallererst mangelnde Tradition und damit verbunden fehlendes Image. Man kauft sich ein Auto für 50.000 Euro, und der Nachbar im Benz lächelt trotzdem nur müde? Das muss man erst einmal aushalten können. Und natürlich das dünne Händlernetz, das derzeit deutschlandweit kaum eine Handvoll Standorte umfasst und wohl auf maximal zehn Händler anwachsen soll. Dass der Wagen in den ersten drei Jahren in einem Umkreis von bis zu 250 Kilometern kostenlos zur Inspektion abgeholt und wieder zum Kunden zurückgebracht wird, ist nur ein schwacher Trost: Was passiert nach den ersten drei Jahren, und was ist, wenn ich nur mal ein Glühlämpchen austauschen lassen möchte oder eine beunruhigende Fehlermeldung im Display aufleuchtet? Die Nähe zum Händler ist durch nichts zu ersetzen, das lückenhafte Vertriebsnetz wird eindrucksvollen Verkaufszahlen daher wohl dauerhaft im Wege stehen.

Eine andere Frage ist, ob sich der Erfolg der Marke in Deutschland überhaupt über reine Verkaufszahlen definieren lässt. Ein bisschen mehr als die paar hundert dürfen es schon werden, die im bisherigen Jahresverlauf zusammen gekommen sind, aber man ist bei den in der Schweiz ansässigen Europa-Vertretern der Marke realistisch genug, um zu wissen, dass man es in dieser Hinsicht nicht mit den etablierten deutschen Herstellern aufnehmen kann. Dabei beruhigt die Einsicht, dass Infiniti weltweit immerhin mehr Autos als Porsche verkauft – und vor allem, dass der Nachbar im Benz gar nicht mehr so überheblich lächelt, wenn er denn erst einmal im Infiniti Probe gesessen hat.

Denn in Fragen der Materialauswahl und Verarbeitung liegen die Japaner zweifellos auf ausgezeichnetem Niveau. Der von uns gefahrene G37, ein Mittelklassemodell im Format eines Audi A4, mag zwar trotz jüngster Modellpflege ein wenig in die Jahre gekommen sein und nicht ganz das State-of-the-Art-Niveau des neuen Infiniti M erreichen; aber ein BMW 3er ist eben auch kein 5er. Die Instrumentierung ist klar, wenn auch etwas verspielter als bei den deutschen Wettbewerbern. Was den Deutschen nicht passieren würde, ist die bisweilen holprige Wortwahl des optionalen Navigationssystems, das über 30 Gigabyte Festplattenspeicher, Touchscreen und weitere 10 Gigabyte für Musikdateien verfügt. Es würde ihnen aber wohl auch nicht passieren, es schon ab der mittleren Ausstattungslinie serienmäßig einzubauen.

Die großflächigen Sitze bieten hervorragenden Langstreckenkomfort, und der Fahrersitz ist schon in der Grundausstattung achtfach elektrisch verstellbar. Bei 2,85 Meter Radstand auf 4,78 Meter Gesamtlänge kommt auch hinten kein Gefühl der Beengung auf. Allerdings schränkt der recht breite Kardantunnel die Nutzung als Fünfsitzer ein. Auch andere praktische Überlegungen mussten bei der Entwicklung des G hintanstehen. So lässt sich die Rückbank nicht umlegen, um das Kofferraumvolumen von 450 Litern zu erweitern.

Doch der G versteht sich zuvorderst als fahrerorientierte Sportlimousine und lässt dem Kunden auch antriebsseitig kaum eine Wahl: Nur ein Motor steht zur Verfügung, der seine Kraft entweder an die Hinterräder oder an alle vier Räder abgibt. Die Gänge werden bei der Heckantriebsvariante mechanisch oder automatisch gewechselt, die Allradversion kommt ausschließlich mit Automatik. Dieses Siebengang-Getriebe ist ohnehin eine adäquate Wahl, ist es doch nur äußerst selten mit dem Sortieren der Fahrstufen überfordert. Die manchmal etwas harten, abrupten Gangwechsel passen durchaus zum dynamischen Charakter des Japaners. Gleiches gilt für den 235 kW/320 PS starken V6-Motor – ein alter Bekannter aus dem 370Z von Mutterkonzern Nissan, der im G zunächst etwas zahmer wirkt, bei Bedarf und entsprechendem Pedaldruck aber seinen rabiaten Charme ungehemmt ausleben darf. Ein echter Sportmotor, der Maximalleistung und höchstes Drehmoment erst bei hohen Drehzahlen erreicht und das gesamte Klangspektrum vom kultivierten Säuseln bis zum fauchenden Toben beherrscht. Knapp sechs Sekunden vergehen beim Sprint aus dem Stand auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h erreicht.

Tadellos auch die Fahrwerksauslegung, die trotz sportlicher Abstimmung den Insassen nicht mit unbotmäßiger Härte zu Leibe rückt, sondern ein feines Gefühl für die Straße vermittelt und weitgehende Neutralität in Kurven mit stabilem Geradeauslauf auf Autobahnen kombiniert. Die leichte Polterneigung bei größeren Unebenheiten lässt sich angesichts der überraschenden Ausgewogenheit verschmerzen.

Geschlagen geben muss sich der japanische Herausforderer allerdings beim Thema Verbrauch. Vom offiziellen Durchschnittswert, den Infiniti mit 10,5 Litern je 100 Kilometer angibt, ist man im Alltag in der Regel gut zwei Liter entfernt; schwerer wiegt, dass ein BMW 335i im Normzyklus anderthalb Liter sparsamer ist und auch der Audi S4 trotz 13 PS Mehrleistung einen Liter weniger nimmt als der G37. Moderne Spritspartechnik: Fehlanzeige – die Japaner sind froh, neuerdings wenigstens einen Diesel im Angebot zu haben, der aber erst einmal anderen Baureihen vorbehalten ist. Immerhin verzichten sie darauf, den G analog zum neuen M mit einem Gaspedal auszurüsten, das einen allzu übermütigen Gasfuß des Fahrers zügeln soll. Moderne Effizienztechnologie erfordert dann doch ein wenig mehr Aufwand.

Text: Spot Press Services/Michael Hoffmann/Fotos: Infiniti,SPS

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