Buchtipp der Woche

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Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer: Dein Herz. Eine andere Organgeschichte.
S. Fischer Verlag; 22,95 Euro.

Nur wenige Erkrankungen – oder schon ein Krankheitsverdacht – ängstigen die Menschen wie das, was das Herz betrifft. Seit jeher spricht der Volksmund eine eindeutige Sprache: Man nimmt sich etwas zu Herzen oder es trifft einen der Schlag – und kaum eine Charakterisierung eines Zeitgenossen ist so vernichtend wie die Feststellung, er habe kein Herz.

Die Pumpe, wie dieses Organ mitunter flapsig bezeichnet wird, ist weit mehr als ein Muskel im Zusammenspiel des Körpers. Was es mit diesem Organ auf sich hat, erklärt Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer in seinem Buch.

Damit baut er vor allem Ängste ab, die sich – je nach Erfahrung – bei der Leserin und beim Leser aufgebaut haben mögen. Er erklärt, was es mit den verschiedenen Erkrankungen auf sich hat, wie man diagnostiziert und behandelt, warum man konsequent behandeln muss, und natürlich kommen auch Vorbeugung und naturheilkundliche Begleitbehandlungen nicht zu kurz.

Das ganz Besondere an diesem Buch ist aber zweifellos, dass es weit über das rein Medizinische hinausgeht. Das Herz hat Philosophen beschäftigt – so befand der für wenig zartfühlende Feststellungen bekannte Arthur Schopenhauer: Im Herzen steckt der Mensch, nicht im Kopf. Auch Schriftsteller haben Zustände des Herzens immer wieder in Worte gefaßt, in der Musik wird Grönemeyer bei Georges Bizet ebenso fündig wie bei Nicole, und ganz besonders herz-lich rührt an, dass er den Klassiker seines Bruders Herbert zitiert, der das Wesen des Liebeskummers schon in die Titelzeile packt: Gib mir mein Herz zurück.

Übrigens: Über die Künste fanden die Mediziner dann doch noch den Ort des Herzens im menschlichen Körper, konnten es verorten und sichtbar machen und fanden schließlich Verfahren ihren Weg, die heute als Goldstandars der Medizin gelten. Da liest sich dieses Buch auch noch ein Stück weit wie ein Krimi. Indem sich ein junger Medziner namens Werner Forßmann vor 80 Jahren seinem berühmten Chef Ferdinand Sauerbruch widersetzte, brachte er die Herzkatheterisierung auf den Weg. Sauerbruch selbst fehlte seinerzeit dafür das rechte Verständnis: Mit derlei, befand er, habilitiere man sich vielleicht in einem Zirkus, aber nicht an einer ordentlichen deutschen Klinik. Ein Vierteljahrhundert später sahen Stockholmer Juroren dies völlig anders – und verliehen Forßmann den Nobelpreis für Medizin.

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