Test-Tour: Opel Corsa OPC

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Klein, knallig gelb, mit breiten Radkästen rund um die 17-Zöller, Heckbürzel und bissigem Gesichtsausruck steht er da. Und er hat mächtig viel Lust, auf kurvigen Landstraßen zu räubern und sich mit den GTI’s und GT’s und ST’s dieser Welt zu messen. Kein Wunder, denn mit mächtigen 192 PS, Turbolader und Overboost unter der Haube ist der kleine, freche Opel Corsa wie geschaffen dafür, die rasende Rennsemmel zu spielen. Wenn auch mit der nötigen Vorsicht, Vernunft und Umsicht im Miteinander auf der Straße und nicht im hirnverbrannten Gegeneinander, versteht sich. Dennoch: In der Version OPC (Opel Performance Center) ist der Corsa ein ganz besonderer Kompakter mit dem Blitz im Kühlergrill.

Die breiten Schweller, die schnittige Frontlippe und der Heckspoiler sagen deutlich, aus welcher Ecke des Hauses dieser ungewöhnliche Corsa kommt. Die drei Buchstaben OPC haben im Hause Opel nämlich eine ganz besondere Bedeutung. Ähnlich wie AMG bei Mercedes oder den M-Modellen aus dem Hause BMW steht das Kürzel OPC für Sportlichkeit, für gesteigerte Leistung, für schnittiges Aussehen. Eben für ein Auto der etwas ungewöhnlichen Art. Für die Kunst, aus einem eher mäßig auffallenden und gewöhnlichen Automobil für den täglichen Weg von Punkt A nach B etwas ganz Besonderes, einen Blickfang, zu machen. Einen Blickfang aber auch, der das hält, was er verspricht und der keine aufgemotzte Mogelpackung ist.

Der Corsa ist das insgesamt sechste Mitglied der OPC-Familie, aber keines sieht so aggressiv geschnitten aus wie der Kleinste. Zafira, Meriva oder auch Astra OPC gehen da eher noch als leicht veredelte Serienmodelle rüber, aber der Corsa sagt auf den ersten Blick, was er will und was er sein soll: Ein richtiger Krachmacher, ein Radaubruder. Ein fliegender Hasenkasten, der aber dennoch alle Sicherheitsattribute erfüllt, die man von einem Fahrzeug mit diesem exorbitant hohen Leistungsgewicht erwarten darf und muss.

Durch die gesamte aggressive Optik zieht sich ein massives Dreieck als roter Faden durch Karosserie und Innenraum: Die auffallende Wabenstruktur des Kühlergrills, die Außenspiegel, das Auspuffendrohr, die kaum zu erkennenden Gumminoppen auf den Alu-Pedalen – das alles ist dreieckig wie eine gefährliche Haifischflosse. Im Interieur betonen sportlich-elegante Sportsitze mit integrierten Kopfstützen, die sich für den Zugang zum Fond umklappen lassen, den ersten Eindruck. Dabei äußert sich übrigens ein Novum in Sachen Sicherheitstechnik, denn zum ersten Mal bei einem umklappbaren Schalensitz sind in die Lehnen Seitenairbags integriert. Die Sitze haben eine sehr gute Seitenführung. Dass groß gewachsene Leute in dem Fahrzeug etwas Probleme haben, ist der Natur des Fahrzeugs geschuldet. Das Lenkrad ist, der Bestimmung des Fahrzeugs entsprechend, nach unten abgeflacht.

Mit seinen 192 PS und dem serienmäßigen Overboost ist der Corsa OPC in der Kategorie der „kleinen Wilden“ leistungsmäßig sehr gut bestückt. Vergleichbare Fahrzeuge wie Seat Ibiza Cupra oder Polo GTI Cup Edition haben da bedeutend weniger zu bieten. Allerdings spricht auch das Verhältnis von Fahrzeuggewicht zu Pferdestärken, das aussagekräftiger ist als die reine PS-Zahl, für den Rüsselsheimer. Das Antriebsaggregat des Opel Corsa basiert auf dem 1,6-Liter Aggregat des Meriva OPC. Das normale Drehmoment von 230 Newtonmetern lässt sich mit Hilfe des serienmäßigen Overboost-System für einen kurzen Augenblick auf 266 Newtonmeter steigern.

Sehr gut ist den Opel-Leuten eine ausgewogene Abstimmung des Fahrwerks gelungen. Zwar merkt man dem Dämpfer- und Federungssystem an, dass ein Mann wie Ex-DTM-Fahrer Manuel Reuter auf Tausenden von Kilometern auf der Nordschleife des Nürburgrings daran mitgewirkt hat, dennoch ist ein gewisser Komfort-Überschuss nicht zu verhehlen. Bei aller Härte des Systems wäre das Wort Kompromisslosigkeit dennoch fehl am Platz. Bodenwellen oder ähnliche Unebenheiten werden durchaus Bandscheiben-schonend geschluckt.

Beeindruckend ist die Kraftentfaltung des aufgeladenen Vierzylinders. Das Aggregat nutzt dank Overboost seine enorm hohen Drehmoment-Reserven vor allem bei Überholvorgängen aus. Doch auch im sechsten Gang kommen bei niedrigen Zahlen auf der Skala des Drehmoment-Anzeigers keine Ruckler, sondern zügige Vorwärtsbewegung zustande. Hier noch ein paar Zahlen aus dem Leistungsdiagramm: Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 225 km/h, den Sprint von Null auf 100 vollzieht der Corsa OPC in 7,9 Sekunden. Wir ermittelten im zweiwöchigen Testbetrieb einen Durchschnittsverbrauch von 8,3 Liter Super-Plus-Benzin bei nicht eben schonender Fahrweise. Für 23.200 Euro bekommt der sportliche ambitionierte Fahrer ein Automobil der ganz besonderen Art, das erstens viel Freude bereitet und zweitens keine bedenkliche Krawallschachtel mit Sicherheitsrisiken ist.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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