Birnenwechsel am Auto – oder: Ein Geduld-Spiel

In seligen Zeiten der klassischen Bilux-Birne gehörte es zum handwerklichen Standard-Repertoir fast jeden Autofahrers, ein defektes, meist von innen geschwärztes Birnchen selbst auszuwechseln. Gleich, ob sich der Defekt im vorderen oder im rückwärtigen Teil des Automobils ereignet hatte. Ansatzlos und ohne Spezialwerkzeug stürzte sich der Automobilist auf die Aufgabe, die dunnemals noch kein Ingenieurstudium voraussetzte. Zwei Fliegen schlug man so mit einer Klappe: es war ein ausgesprochen preiswertes Unterfangen und: man konnte anwesenden geschädigten Damen damit mächtig imponieren. Ruckzuck ging der Vorgang vonstatten. So mancher erinnert sich inzwischen wehmütig an diese goldenen Zeiten. Der modernen Technik, dem Fortschritt allgemein und im Besonderen dem der Lichttechnik ist es zu verdanken, dass heutzutage aus einem simplen Leuchtmittelaustausch nach Empfehlung des Kraftfahrzeuggewerbes der Gang (oder die Fahrt) zum nächsten Meister- oder Fachbetrieb wird.

Zum Einen ist die Anzahl der ähnlichen Glühlampen inzwischen beträchtlich gestiegen, so dass blitzschnell Verwechselungen stattfinden können, zum Anderen fehlt dem Privatier meist auch das Spezialwerkzeug, um entweder das defekte Teil zu entfernen oder, was die ganze Sache auch nicht unbedingt lustiger macht, das komplette Gehäuse aus der Karosserie heraus zu lösen, um den Austausch vornehmen zu können. Es macht also Sinn, den Fachbetrieb aufzusuchen, da nur der auch das geeichte Scheinwerfer-Einstellgerät zur Verfügung hat. Und das ist nötig, um die nach dem Wechsel mögliche Blendung oder zu geringe Leuchtweite zu korrigieren. Wer traut sich denn heute, selbst unter ambitionierten Laien, spontan zu, beispielsweise eine Zweifadenlampe mit 4/21 Watt von einer täuschend ähnlichen 5/21 Watt-Lampe zu unterscheiden? Dazu kommt noch, dass die heute überwiegend genutzten Halogen- oder gar Xenon-Brenner sehr heiß werden und nur mit einem Baumwolltuch oder entsprechenden sauberen Schutzhandschuhen ausgetauscht werden dürfen. Hautfett setzt sich sonst am Glaskolben ab und wird bei Erhitzung der Birne regelrecht verbrannt und hinterlässt braune Flecken, die für eine Reduzierung der Leuchtkraft verantwortlich sind. Und noch was als Empfehlung der Fachbetriebe: Lampen nur paarweise austauschen, da sich das Zwillingsbirnchen garantiert in absehbarer Zeit ebenfalls verabschieden wird. Gleich, ob es sich um Frontscheinwerfer oder die anderen Autoleuchten handelt. Bilanz: User-freundlich sind die heutigen Kfz-Leuchtensysteme überhaupt nicht mehr, abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen. Die Autohersteller dürfen sich dieses Themas im Sinne der Kundenzufriedenheit durchaus mal etwas intensiver annehmen.

Text: Frank Nüssel
Quelle: ZDK

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