Crossover versus SUV: Mogelpackung oder Marketing?

Da spuken seit einem knappen Jahrzehnt doch zwei Begriffe in der automobilen Welt herum, zu deren Sinnhaftigkeit man sich durchaus und straffrei einige Zusatzgedanken machen sollte: SUV und Crossover.

Beide kamen aus dem selben Land nach Europa herübergeschwappt und werden entsprechend dem Amerikanischen auch englisch ausgesprochen. Eine markante und präzis-kurze Übersetzung gibt es noch immer nicht. SUV heißt: Sports Utility Vehicle, was landläufig hier als Sportliches Mehrzweckfahrzeug übersetzt wird. Abgesehen davon, dass die englischsprachige Variante ein Zungenbrecher der übelsten Art ist. In der Realität sollen diese SUV also sportlich sein und mehreren Zwecken zugleich dienen. Von der Industrie angeboten werden sie als echte Familienfahrzeuge, die zudem sportiven Charakter offenbaren sollen. Weit gefehlt in der Wirklichkeit! Um diese reichlich schweren Geräte sportlich zu bewegen, fehlen zum Einen die entsprechenden Motoren, zum anderen sind die Bremsleistungen auch nicht gerade so erwähnenswert, dass man darin zügig eine Familie über Alpenpässe scheuchen mag. Innen geht es im Vergleich zu einem normalen Familien-Van spürbar enger zu und das, was die Industrie gerne als Kofferraum tituliert, stellt sich meist als schlecht erreichbare und zu kleine Gepäckkammer heraus. Das Reserverad hängt inmitten des Schmutzwassergewitters ungeschützt achtern unter dem Fahrzeugboden. Haben Sie schon mal einen Radwechsel bei Sauwetter zelebriert? Na eben. Meist werden die Frontantriebsversionen gekauft, weil sie billiger sind. Die mit schlupfgeregeltem Allradantrieb versehenen teureren Exemplare sind schwerer und verbrauchen spürbar mehr.

Und: So richtig in Wald und Flur abtauchen kann man auch nicht damit, weil sonst der Bauch schnell hängen bleibt. Was soll das Ganze also? Nische! Die Nische wurde zur Serie, so ist das. Und es werden immer mehr Nischen gesucht. Und gefunden. Ein Wahnsinn.

Der zweite Begriff, mit dem Industrie und Journalisten gleichermaßen Schindluder treiben, heißt Crossover. Auch so'n Wort, das die Marketingexperten ausgeheckt haben. Klingt viril, maskulin, klingt nach Cross-Fahren im Gelände. Und gaukelt auch Vorzüge vor, die es gar nicht gibt. Wörtlich und sogar sinngemäß übersetzt, bedeutet Crossover, dass ein Automobil Typ- und Modell-überschreitend daher kommt, also quasi mehrschichtig und vielseitig sein soll. Nach meiner persönlichen Interpretation müsste ein Crossover alles zusammen in einem einzigen Fahrzeug bieten: Familientauglichkeit mit mindestens Platz für 5 Erwachsene (Mitteleuropäer, keine Pygmäen!), kinderfreundliche Innenraumgestaltung, Platz für richtig ordentlich Urlaubsgepäck, Allradantrieb für den gepflegten Ausflug in Sand und Schlamm, zugleich Vollcabriolet und Pickup mit einer Ladefläche für eine gute Tonne Last und Ladung. Der Kraftstoffkonsum darf nicht über 4 Liter auf 100 km Wegstrecke betragen, die Schadstoffemission nicht über 90 Gramm pro Kilometer, alles muss im Prinzip auch via elektrischer Akkus machbar sein. Und, um echt familienfreundlich da zu stehen: dieses Crossover-Unikum darf nur maximal 15.500 Euro kosten. Merken Sie was? Da will uns die Industrie für richtig blöde verkaufen. Back to the roots, also: zurück an den Ursprung, möchte man den Herstellern zurufen. Baut endlich Autos, die dem vom Endkunden geäußerten Einsatzbereich entsprechen, nicht irgendwelche Basismobile, die mit Packages zu mopsigen Zwittern teuer hochgerüstet werden müssen. Die automobilen Führungsfirmen weltweit führen uns da richtig mit Nasenring vor. Doch halt! Da gibt es in der Tat einen Hersteller, der das alles in vernünftigen Grenzen, in bezahlbarer und technisch schlichter aber überzeugender Weise schon kann. Aber der kommt aus Rumänien. Und gehört noch nicht zur ganz großen Lobby.

Text: Ignaz Hammer\x09

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