Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

In dieser Woche habe ich ein sehr interessantes neues Auto gefahren, das quasi eine Klammer zwischen Vergangenheit und Zukunft bildet und uns gleichzeitig zeigt, dass vieles von dem, was längst vergessen schien, eine Neubetrachtung wert ist. Es geht um die zweite Generation des Opel Meriva und die Idee der Opelaner, bei diesem Kompaktvans wieder auf so genannte Portaltüren zu setzen. Darunter versteht man Türen, die nicht auf beiden Seiten nach vorn, sondern gegenläufig öffnen und so einen äußerst großen, günstigen Einstiegswinkel bilden. Der in diesem Falle umgekehrt montierte Einsteig wurde bei Opel schon in einem Kadett des Jahrgangs 1938 und im Admiral der 50er Jahre praktiziert. Vor fast 50 Jahren, genauer gesagt im Jahr 1961, wurde er aus „Sicherheitsgründen“ verboten. Nur Rolls Royce (beim „Phantom“) und die berühmten Londoner Taxis bedienten sich auch weiterhin dieses Systems.

Jetzt erlaubt eine neue europäische Norm mit der Bezeichnung „EC 101 R“ wieder den Gebrauch dieser gegenläufig öffnenden Türen. Nach Meinung der Opel-Leute bringt diese Option des Ein- und Ausstiegs vor allem für Familien einen unschätzbaren Vorteil: Durch den ungehindert großen Öffnungswinkel kann man sowohl den eigenen Nachwuchs im Kleinkind-Alter als auch dessen Sitze leicht im Fond unterbringen und befestigen. Opel hat (im Gegensatz etwa zum Mazda RX-8) dabei nicht auf eine massive B-Säule verzichtet, sodass jetzt beide Türen gleichzeitig geöffnet und geschlossen werden können. Zudem besteht die Möglichkeit, sich mit Hilfe eines massiven Haltegriffs an der B-Säule quasi in die hintere Sitzreihe fallen zu lassen oder sich daran herauszuziehen. Das Thema „Sicherheit“ wurde beim Meriva durch eine elektronische Sperre bewältigt, so dass während der Fahrt niemand die Tür öffnen, also auch kein Kind aus dem Fond fallen kann.

Opel hat mit der Entscheidung, beim Meriva wieder auf Portaltüren zu setzen, sicherlich nicht das Rad oder das Automobil neu erfunden. Die Ingenieure und Designer des Hauses zeigen aber, dass, wer Ideen und Konzepte für die Zukunft entwickeln will, getrost mal einen Blick in die Vergangenheit riskieren darf.

Ein paar Beispiele: Die hohe Sitzposition in unseren Großraumlimousinen wecken Erinnerungen an die Kutscher vergangener Jahrhunderte. Schon die genossen den ungestörten Ausblick von oben. In den Vans der Jahrtausendwende ist das nicht anders, völlig unabhängig von der Größe des Innenraums.

Auch dass man Skier, Fahrräder oder andere sperrige Gegenstände durchaus außerhalb des Fahrzeugs (entweder auf dem Dach oder mit Hilfe von eigenen Trägersystemen am Heck des Fahrzeugs) transportieren kann, war bereits in besagtem Zeitalter schon gang und gäbe. Man muss die Idee nur in die Gegebenheiten der Neuzeit übertragen und dann den Verhältnissen anpassen. Und man muss vor allem den Mut haben, über den eigenen Schatten zu springen und scheinbar längst überholte Ideen und Vorstellungen nicht als unbrauchbar und veraltet zu werten und außer acht zu lassen.

Bei diesen Überlegungen, die mir bei der ersten Begebenheit mit dem neuen Opel Meriva und seinem neuen, alten Türsystem durch den Kopf gingen, fiel mir ein Zitat ein: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“ Sagte einst Albert Einstein. Versuchen wir es doch ähnlich zu machen. Nicht nur an diesem Wochenende, für das uns die Wetterfrösche mal wieder reichlich Sonnenschein in Aussicht stellen – und damit vielleicht auch den einen oder anderen Sonntagsausflug mit zwei oder vier Rädern.

Ihr Jürgen C. Braun

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