Buchtipp der Woche (1)

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Miriam Meckel: Brief an mein Leben. Erfahrungen mit einem Burnout
Rowohlt Verlag; 18,95 Euro

Als jüngste Professorin Deutschlands machte sie, keine 30 Jahre alt, Schlagzeilen. Miriam Meckel galt als Überfliegerin in ihrem Fach, aber eine, in deren Persönlichkeit das nicht in totaler Vergeistigung und Weltfremdheit zum Ausdruck kam. 2001 berief der damalige NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement die Kommunikations-Expertin zu seiner Pressesprecherin, dann wurde sie als Hochschullehrerin nach St. Gallen berufen.

Schließlich kommt der Tag, an dem der Körper ausbricht aus dem, was das Pflichtbewußtsein ihrem sonstigen Denken und Fühlen abverlangt. Sie kann, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht mehr.

Damit ist auch schon definiert, was hier unter Burnout verstanden wird. Miriam Meckel schreibt keine Kampfansage dagegen, sich selbst etwas abzuverlangen. Ihre Tätigkeiten hat sie zweifellos immer gerne ausgeübt, aber irgendwann nichts mehr hinterfragt, sondern blindlings Termine, Auftritte, Vorträge und anderes angenommen. Das innere Auswahlsystem zwischen notwendig, sinnvoll, delegierbar und unnötig funktionierte nicht mehr. Der Zusammenbruch kommt auch nur scheinbar plötzlich, denn ihm gingen ein zunächst nicht erkannter Hörsturz und ignorierte Magenbeschwerden voraus.

Das Programm, das sie in einer Klinik erwartet, mutet regelrecht brachial an für eine Person, die bis dato 250 E-Mails am Tag empfing, ihren PC niemals offline hatte und ihre Wohnung zeitweise nur noch zum Wäschewaschen betrat. Nach und nach kehrt wieder etwas Ruhe ein, nachdem sie – unter anderem – in einem Inaktivitätswochenende erst lernen muss, über Tage hinweg nichts zu tun, auch nicht fernzusehen oder private E-Mails auszutauschen.

Miriam Meckel rettet in ihrem Buch den so viel gebrauchten Begriff des Burnout von der bloßen Modediagnose. Stattdessen beschreibt sie eine Krankheitsform, die tatsächlich ernst genommen werden muss – und dann auch angegangen werden kann. Sie selbst hat sich mit Hilfe anderer aus etlichen Alltagsfallen befreien können, weiß aber, dass die Gefahr einer Wiederholung nie völlig auszuschließen ist.

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