Buchtipp der Woche (1)

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Joachim Mohr: Das Loch in meinem Herzen. Ein Lob auf die moderne Medizin. Droemer Verlag; 16,95 Euro.

Kein Thema wird seit Jahrzehnten (nicht nur) in Deutschland so kontrovers und hitzig diskutiert wie das Gesundheitssystem. Immer wieder gerät die moderne Medizin an den Pranger. Dann ist die Rede von überflüssigen Untersuchungen, von zu teuren Diagnoseverfahren – und von explodierenden Kosten für Medikamente sowieso.

Vergessen wird dabei allzu gerne, dass der medizinische Fortschritt schlicht und einfach das Entscheidende dazu beiträgt, dass Menschen erstens wesentlich älter werden als früher und zweitens auch komplizierte und gefährliche Erkrankungen zumindest erheblich besser beherrscht werden können als noch vor zwanzig oder dreißig Jahren.

Was letzteres heißt, weiß Joachim Mohr besonders gut: Der 1962 geborene Journalist ist seit frühester Jugend schwer herzkrank. Als er 20 Jahre alt war, wurde ein Loch in seinem Herzen als Ursache für immer wieder kehrende Herzrhythmusstörungen erkannt. Der medizinische Fortschritt ermöglichte es.

Eine solche Diagnose bedeutet neben regelmäßigen Krankenhausaufenthalten und Medikamenteneinnahmen die ständige Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper. Denn allein der Patient selbst kann die Entscheidung treffen, wenn etwa eine weitere Operation erwogen wird – dem Arzt kann nur eine beratende Funktion zukommen.

Eine solche Diagnose muss aber nicht bedeuten, sich der Krankheit zu unterwerfen. Reinhard Mohr studiert, schließt sein Studium ab, wird Journalist und gründet eine Familie.

Das Loch in meinem Herzen ist nicht nur das, was der Untertitel Ein Lob auf die moderne Medizin ausdrückt. Es ist eine klare, schnörkellose Betrachtung eines Lebens, das der Autor unter besonders komplizierten Bedingungen gut gestalten will. Nach dem Motto Mein Herz ist ein beliebtes Ausflugsziel für Kardiologen zeigt Reinhard Mohr, was das für den eigenen Alltag bedeutet. Familie, Freundschaften, Urlaubsreisen – alles muss besonders gut organisiert sein, und auch die regelmäßigen Arztgespräche wollen so geführt werden, dass ehrliche Antworten herauskommen.

Auf seine ganz eigene Weise, die er schon in zahlreichen Online-Kolumnen anwenden konnte, bringt uns Reinhard Mohr zwei Tatsachen in Erinnerung, die im Alltag gerne einmal untergehen. Erstens: Medizin ist dazu da, dass sie den Menschen hilft. Zweitens: Auch diejenigen, die diese Medizin verwalten und unter anderem für Kostenfragen zuständig sind, haben zu allererst die Aufgabe, die Medizin als Hilfe für Menschen zu sehen. Das Wesentliche der modernen Medizin am eigenen Beispiel ganz klar zu formulieren, ist das Besondere an diesem Buch. Solche Klarheit sucht man in öffentlichen (Endlos)-Debatten nicht selten vergeblich.

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