Erste Erfahrungen: Aston Martin Rapide

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Vier gewinnt: Mit dem Rapide will Aston Martin die Welt der Sportwagen erweiternund zeigt ein Herz für Besserverdiener mit Familienanschluss. Nachdem eine Ausfahrt in den Sportwagen der Briten bislang nur Singles mit schlankem Fuß und dicker Brieftasche oder gut situierten Paaren vorbehalten war, können jetzt auch Kind und Kegel mit auf die Reise und die Rundstrecke gehen. Denn vier Jahre nach dem Debüt der Studie kommt Ende März zu Preisen ab exakt 180.000 Euro der Rapide in den Handel. Ähnlich gedacht, aber ganz anders gemacht als der Porsche Panamera will er nicht weniger als der „schönste und beste Sportwagen mit vier Türen“ sein.

Dass die Entwicklung so lange gedauert hat, liegt an den jüngsten Kapiteln der Firmenchronik. „Erst mussten wir uns aus dem Ford-Konzern lösen“, sagt Aston-Martin Ulrich Bez, „sonst hätten wir so ein Konzept nie umsetzen können“. Doch sobald am Golf die neuen Shareholder für den jetzt „kleinsten und feinsten eigenständigen Autohersteller der Welt“ gefunden waren, gab es grünes Licht für den Rapide. Das zweite Problem war die Produktion. Weil daheim in Gaydon kein Platz mehr war für den Viertürer, hat Aston Martin letztlich Magna Steyr in Graz mit der Fertigung betraut. Die Österreicher montieren nun in jeweils rund 220 Stunden rund 2.000 Rapide im Jahr.

Kaufen sollen ihn all jene Auto-Aficionados, die im höheren Alter gerne auch mal die Enkel mit in den Club nehmen und keine Lust mehr auf das Genörgel ihrer Frau haben. „Denn oft genug macht sie dem Mann einen Strich durch die Rechnung, weil ihr der Platz fehlt“, hat Bez beobachtet und ist froh, dass seine Auserwählte in seinen zehn Aston-Martin-Jahren eng zu packen gelernt hat.

Doch nun können Frau Bez und all die anderen Damen zwischen Grand-Hotel und Jet-Set endlich wieder mehr als das kleine Schwarze mitnehmen: Schließlich hat der Rapide nicht nur vier Türen und zwei weitere Schalensitze im Fond, sondern auch einen Kofferraum von gut 300 Litern, den man im Zweifelsfall auf 750 Liter erweitern kann – genug Platz also für die Abendgarderobe.

Einer klaren Form und einer schönen Silhouette verpflichtet, hat Designchef Marek Reichman beim „schönsten Viertürer der Welt“ auf die üblichen Gimicks zur Tarnung der hinteren Türen verzichtet. Deshalb gibt es weder einen gegenläufigen Anschlag noch versteckte Griffe, sondern einfach zwei etwas kleinere aber ganz selbstbewusste Türen, die sich vorn wie hinten um fast 90 Grad öffnen und dabei leicht im Lambo-Style nach oben schwingen. Weil das Design allerdings auch sonst keine Kompromisse machen wollte, um die sportliche Skulptur zu gefährden, sind die beiden Plätze im Fond nur ein besseres Alibi: Allenfalls die Enkelkinder werden sich dort auch auf längeren Strecken wohl fühlen, zumal auf Wunsch der aktuelle Bond-Film über ihre persönlichen Video-Monitore flimmert. Doch für Erwachsene taugen die Sportsessel gerade mal als Notsitz, weil sie weniger Bewegungsfreiheit bieten als ein Mittelplatz in den Clippern von Air Berlin.

Im krassen Gegensatz zu den beengten Verhältnissen im Fond steht die Liebe zum Detail, mit der Reichmanns Team den Wagen ausgestattet hat: Ein Zündschlüssel wie aus Bleikristall, sorgsam vernähtes Leder, feine Hölzer, blankes Aluminium und Kleinigkeiten wie die magnetischen Haltegriffe im Fond – das hat schon fast Rolls-Royce-Qualitäten.

Auch mit vier Türen und vier Sitzen will der Rapide allerdings in erste Linie ein Sportwagen sein. Die üblichen Assistenzsysteme der Kilometerfresser wie einen Tempomat mit Abstandsregelung, adaptives Licht oder gar Kameras für Spurführung und Totwinkelüberwachung hält Bez deshalb trotz des gehobenen Langstreckenkomforts verzichtbar. Statt dessen setzt er vor allem auf kultivierte Kraft. In deren Zentrum steht der sechs Liter große Zwölfzylinder aus dem Sportwagen DBS, der tief vorne unter der langen Haube liegt und seine Kraft über eine fein dosiert agierende Sechsgang-Automatik an der Hinterachse auf die Straße bringt. Schon ein Schatten auf dem Gaspedal reicht aus, um dem Motor ein tiefes Grollen zu entlocken. Dann machen 350 kW/477 PS und 600 Nm dem Namen des Rapide alle Ehre, katapultieren den Viertürer binnen 5,2 Sekunden auf Tempo 100 und machen ihn mit rund 300 km/h buchstäblich zu einem flotten Vierer.

Obwohl der Rapide trotz seiner Aluminium-Struktur runde zwei Tonnen wiegt und mit 5,02 Metern nicht eben zierlich ist, wiederholen die Briten gebetsmühlenartig, dass ihr größter Wurf auch ein aggressiver Sportwagen sei – und laden deshalb zur ersten Testfahrt gleich ins tiefste Gebirge ein. Dort macht der Rapide seine Sache ausgesprochen gut, bewahrt lange die Bodenhaftung, schneidet scharf durch die Kurven und gibt überzeugend den schnellen Sprinter – doch auch das beste Fahrwerk, die präziseste Lenkung und die kräftigsten Bremsen können nicht über die stolzen Dimensionen hinweg täuschen.

Oder doch? Firmenchef Bez zumindest lässt sich in seinem Urteil nicht beirren und bittet Zweifler deshalb Mitte Mai in die Eifel: Dort startet der Rapide dann sogar beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Benjamin Bessinger/SP-X

Technische Daten
Viertürige Fließheck-Limousine, 6,0-Liter-V12-Motor, 350 kW/477 PS, max. Drehmoment: 600 Nm bei 5 000 U/min, 0-100 km/h: 5,2 s, Vmax: 296 km/h, Verbrauch: k.a., CO2-Ausstoß: k.a.:, Preis 180.000 Euro

Kurzcharakteristik Aston Martin Rapide
Alternative zu: Porsche Panamera, Mercedes CLS und Maserati Quattroporte
Passt zu: Reichen Sportlern mit Familiensinn
Sieht gut aus vor: einem schottischen Landschloss, einem karibischen Luxushotel, im nächsten Bond-Film und auf der Nordschleife
Was kommt noch: Rennversion für den Nürburgring

Text und Fotos: Spot Press Service

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