Quo vadis, Rallye Dakar?

Beitragsbild
Foto 1

Die CrossCountry-Rallye ist nach 14 Tagen beendet. Die ersten drei Plätze wurden erwartungsgemäß von Produkten des Volkswagenwerks belegt. Diesmal war Carlos Sainz dran, der im letzten Jahr, in Führung liegend, ausgefallen war. Das Finish war etwas spannender geworden, aber die lange Führung von Sainz ab etwa der Mitte bis zum Ende verhieß dennoch wenig Dramatik.

Dennoch: Wer über den Tellerrand der puristischen Ergebnissliste hinaus zu schauen vermag, wird feststellen, dass ein Automobilwerk mit seinen gewaltigen finanziellen Ressourcen, seinem gewaltigen Logistik-Potential und seinen hoch bezahlten Top-Fahrern hinter diesem Endergebnis steckt. Womit wir beim grundsätzlichen Dilemma dieser CrossCountry-Weltmeisterschaft wären: Nur noch ein einziges Automobilwerk engagiert sich hierbei. Vorbei die Zeiten, als sich Mitsubishi mit Toyota, Nissan, Ford und anderen in Sand und Schotter maß. VW gilt als finanziell sehr gesundes Unternehmen, an dem auch die automobile Rezession verhältnismäßig spurlos vorüberging. Ein Dreifachsieg ist gut. Vor allem für die Aktionäre, die bei geringerem oder keinem Erfolg sicher den Aufstand gegen den Vorstand geprobt hätten. Es war also ein Pflicht-Sieg. Sven Quandt, Eigner und Teamchef des BMW-X-Raid-Stalls, brachte es schon einige Tage vor dem Ende der Veranstaltung auf den Punkt: Wenn wir nur 10 Prozent der Etatmittel des VW-Teams zur Verfügung hätten, sähen die Ergebnisse sicherlich etwas anders aus. Schicksal eines Privatteams eben. Der nicht weit hergeholte Vergleich zur klassischen Rallye-Weltmeisterschaft bestätigt das Szenario, was passiert, wenn sich ein Werk nach dem anderen aus der Szene verabschiedet. Aus welchen Gründen auch immer. Meist sind es ja die Finanzen. Während noch vor wenigen Jahren die Tag- und Nachtkämpfe zwischen den Heroen von Lancia, Audi, Nissan und Peugeot (dazu gesellten sich starke Privatteams von Porsche, Rover, Citroën und Ford) die Zuschauer bei der Rallye Monte Carlo bei eisigem Winter von den dünnen Sitzkissen rissen, fragt doch heute kaum noch jemand, wie es derzeit bei der Rallye-WM steht. Citroën und Ford sind übrig geblieben. Wer zieht sich als nächster aus finanziellen Gründen zurück? Hunderttausende am staubigen Wegesrand bei der Rallye Akropolis, bei der San Remo an einem einzigen Tag. Da steht richtig gutes Feedback an: Die Masse identifiziert sich mit Piloten und Produkten. Wenn bei der CrossCountry-Weltmeisterschaft nur noch VW werkseitig mitfährt, wird hier ähnliches blühen, zumal Deutschland keinen eigenen CC-Lauf zu bieten hat. Die Berlin-Breslau hätte es verdient, aber da fehlt noch die starke Lobby. Vielleicht wird es nach Argentinien damit besser. Und noch was: Wer bei der Rallye Monte Carlo als Sieger das Fürstentum verlässt, kann mit diesem Sieg ein volles Jahr Reklame machen. Wie auch in der Formel Eins. Bei der klassischen Afrika-Dakar war das ebenso. Aber, ob das die Argentinien-Dakar als Ersatz-Veranstaltung (für Afrika) auch generiert, darf à la longe etwas bezweifelt werden. Drum war aus Buenos Aires schon garnicht mehr zaghaft der Ruf zu vernehmen, wieder auf den Schwarzen Kontinent zurückzukehren. Oder gar in Russland oder Sibirien zu fahren. Wie stark die rein privat gemeldeten und finanzierten Top-Teams in Argentinien auftraten, ersieht man an den Ergebnissen: X-Raid-BMW auf den Rängen 4, 5 und 11 und das Mitsubishi Lancer-Team auf 6, 9 und 10. Eine glaubwürdige Option für die Zukunft der CrossCountry-Meisterschaft wäre ein Verbot reiner Werks-Teams. Das Reglement sollte möglichen Autoherstellern einfach nur einen gewissen Status an Unterstützung erlauben. Die Privatfahrer, die solchen Veranstaltungen ja erst die Würze verleihen, sollten unter sich sein. Fest steht: So, wie es derzeit läuft, wird sich der Problemzyklus Werk versus Privat in überschaubarer Zeit verabschieden.

Bericht und Bild:
Frank Nüssel

Scroll to Top