Amazonien in Leipzig – Reisetipp zum Wochenende

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2009 jährte sich der Todestag von Alexander von Humboldt zum 150. Mal. Dem zu seinen Lebzeiten ausgesprochene Wunsch, dem Publikum ein Zauberbild der Natur zu präsentieren, konnte im letzten Jahr Folge geleistet werden: Im Asisi Panometer in Leipzig kann jeder die Faszination Urwald in einer 360°-Panorama-ausstellung erleben.

Der Urwald Amazoniens steht für vielschichtige Natur mit reibungslos funktionierenden Mechanismen, die ineinandergreifend das komplexe System am Leben erhalten. Amazonien fasziniert, doch nur den wenigsten ist es vergönnt, die zauberhafte Natur des scheinbar undurchdringlichen Urwaldes zu erforschen. Dem 1769 in der Nähe von Berlin geborenen Alexander von Humboldt war die Ehre zuteil, auf seinen Forschungsreisen auch durch den Urwald am Amazonas zu streifen. In seinen mehr als 30 verfassten Büchern spricht Humboldt immer wieder vom Naturgemälde und vom Bild eines Naturganzen und meinte damit keine Sinn-, sondern wirkliche Bilder. Mit unzähligen Zeichnungen und Skizzen versuchte Humboldt, das Sinnliche ans Unsinnliche anzuknüpfen, empirische, in Zahlen gefasste Erkenntnisse mit Gefühlen und Eindrücken zu verbinden. Mehr als sechs Jahrzehnte bereiste und erforschte Humboldt die für damals alle unbekannte Welt und gelangte zur Erkenntnis: Die Natur ist in Umfang und Inhalt ein Unendliches. Der Forscher war sich schon damals sicher, nur mit riesigen Dimensionen den Laien zu erreichen, um ihm so eine Vorstellung von der komplexen Natur zu vermitteln. Konkret schwebte Humboldt ein 360°-Panorama vor, bei dem sich der Betrachter Wie in einem magischen Kreis gebannt und aller störenden Realität entzogen fühlen soll.

Von Humboldts Idee inspiriert und während einer Reise durch Brasilien mit dem Botaniker Professor Wilfried Morawetz angestachelt, entschloss sich der 1955 in Wien geborene Künstler Yadegar Asisi, die Urwald-Idee in die Tat umzusetzen. Der Künstler ist in den 360°-Panorama-Kreisen längst kein Unbekannter mehr: Bereits 1994 schuf er Das Panorama von Rom mit dem Einzug Kaiser Constantins, seither generierte Asisi insgesamt neun Panoramen mit unterschiedlichsten Themen. Um den Amazonasdschungel in einem Rund-um-Panorama darzustellen, musste Yadegar Asisi vier Reisen in den brasilianischen Regenwald unternehmen, 25.000 Fotografien und unzählige Skizzen anfertigen. Einen entsprechenden Raum für seine Ausstellung Amazonien fand Asisi mit dem ehemaligen Gasspeicher der Stadt Leipzig. Das 1910 aus Ziegelsteinen geschaffene Bauwerk hat einen Außendurchmesser von fast 57 und eine Firsthöhe von beinahe 40 Meter. Solch gigantisch wirkende Maße sind für die Ausstellung auch unbedingt erforderlich. Das von Yadegar Asisi angefertigte Panorama zeigt den Amazonas Urwald auf rund 3.200m². Die rund 100 Meter Länge entsprechen der Länge eines Fußballfeldes und die Höhe von zirka 30 Meter kommt der Höhe eines zehnstöckigen Hauses nahe.

Auf der über 3 000 m² großen Bildfläche zeigt Asisi eine fiktive, verdichtete Szenerie aus dem brasilianischen Regenwald im Maßstab 1:1. Für den Künstler eine wahre Sisyphusarbeit, denn per Computer mussten die Details der zig tausend Fotos maßstabsgetreu angepasst werden. Insekten, Affen, Vögel, Fische, Pflanzen und Menschen wurden auf Asisis Reisen aus unterschiedlichen Distanzen und verschiedenen Perspektiven fotografiert und am heimischen Computer der erforderlichen Größe angepasst. Kein Drucker der Welt war in der Lage, 30 Meter lange Polyesterbahnen zu bedrucken – also wurde eigens für die Ausstellung ein Drucker entwickelt und gebaut, der im Sublimationsdruckverfahren die Bilder auf einzelne Bahnen brachte. Mit aufwändiger Technik fügten emsige Näherinnen Bahn um Bahn zum Gesamtkunstwerk ohne störende Nähte zusammen.

Von einer mittig aufgestellten Stahlplattform, die sechs Meter misst und über Treppen begehbar ist, können Besucher einen ungestörten 360°-Blick in den Urwald genießen. Eine Tag- und Nachtshow vermittelt auf komprimierte und dennoch eindrucksvolle Weise einen Urwaldtag. Der Ablauf ist mit originaler Geräuschkulisse und eigens komponierter Musik untermalt, was die Dramatik ungemein verstärkt. Wer sich mit einem Fernglas ausrüstet, kann von der Plattform selbst kleinste Urwaldbewohner entdecken, denn Asisi hat wahrhaftig an alles gedacht und selbst kleine Stechmücken nicht vergessen.

Das 360°-Panorama wird von einer Ausstellung begleitet, die kurzweilig und dennoch hintergründig informiert: Insgesamt acht verschiedene Abteilungen zur Tier- und Pflanzenwelt, zum Wasserhaushalt und zur Geschichte des Kontinentes. Die Informationen werden durch schier unzählige Exponate visualisiert: Ein 25 Meter hohes 1:1-Modell eines Urwaldbaumes, das 60:1-Modell einer Stechmücke, eine 20 Meter hohe Wand mit mehreren tausend Insekten, verschiedene Videoinstallationen, zahlreiche Skizzen und Zeichnungen von Humboldt und etliche Hörstationen mit Legenden aus Amazonien sind nur einige Exponate der Begleitausstellung.

Von Dienstag bis Freitag von 9 bis 19 Uhr und am Wochenende von 10 bis 20 Uhr lässt sich der Leipziger Dschungel für nur neun Euro bereisen.

Text und Fotos: Redaktionsbüro Uwe Meuren

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