Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Vielleicht sind Sie ja heute froh, zwischen dem ständigen Zwang zur ungebremsten Nahrungsaufnahme der letzten Tage, zwischen mehr oder weniger lieb gewordenen Besuchen von Verwandten und all dem anderen Feiertagsstress sich mit ein paar ungefilterten und mitunter auch ungeheuren Neuigkeiten aus der Motorszene gegen Ende des Jahres etwas ablenken zu können. Der ideale Platz, wo sie so etwas dieser Tage vor Ort hätten machen können, wäre Kalifornien gewesen. Die L. A. Motor Show war in diesem Dezember das letzte große Highlight des Jahres. Doch wer wirklich etwas auf sich hält, wem das Außergewöhnliche nicht extravagant genug ist, der musste in die Wüste gehen. Auf der Dubai Motorshow traf sich vom 16. bis 20. Dezember alles, was sich dem automobilen Goldrausch am Persischen Golf verschrieben hatte.

Nun denn, auf in das Paradies der ungebremsten PS-Genüsse, dort wo es auf ein paar Kilo blanken Goldes auf dem Lack nicht ankommt und wo Männer noch Männer sind, die nicht wissen wohin mit ihrer Kohle. Pardon, mit Ihrem Öl. Schuldenkrise im Land der Scheichs hin oder her: Nirgendwo auf der Welt werden mehr Luxuslimousinen und Supersportwagen verkauft als in den Arabischen Emiraten. Das Immobilien-Beben, das soeben das glitzernde Land von Tausend und einer Nacht in seinen Grundfesten erschüttert, kann seine Bewohner – zumindest die Privilegierten unter ihnen – nicht von der Völlerei um Blech und Stahl abhalten.

Liebe Leserin, lieber Leser, wenn Ihnen irgendwann einmal ziemlich heiß sein sollte und Sie auf der Straße mehr Bugatti, Bentley oder Rolls Royce sehen sollten als Golf III, Mazda 2 oder Fiat Punto, dann – dessen können Sie gewiss sein – sind Sie in Dubai. Denn inmitten der Abertausenden von Zwangsarbeitern aus Indien, Pakistan oder Sri Lanka geben die Scheichs weiter Vollgas, bis der Arzt kommt. Der automobile Goldrausch im Land, das einst Kara Ben Nemsi mit Hadschi Halef Omar bereiste, ist durchaus wörtlich zu nehmen: So hat beispielsweise Mercedes den dort ausgestellten SLS für seine arabische Premiere in einem besonders feinen Goldton lackiert. Angeblich denken die ansonsten so sparsamen Schwaben jetzt sogar über eine Serienproduktion des glänzenden Super-Mercedes mit den markanten Flügeltüren nach.

Doch derlei Extravagantes fällt bei Interessenten, die für ein Rennkamel schon einmal bis zu zwei Millionen Dollar hinlegen, nicht weiter ins Gewicht. Den Aufpreis für das bisschen Blattgold hat Ali – wenn es denn darauf ankommt – zur Not noch in der Hosentasche. Ein Mercedes GLK mit 750 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 323 km/h war – traut man Augenzeugenberichten – schon verkauft, bevor er auf der Auto Show überhaupt enthüllt worden war. Dass der Schlitten schlappe 500.000 Dollar kosten sollte, war dabei eher anspornendes Prestige-Denken als Hindernis.

Liebe Leserin, lieber Leser, wenn Sie jetzt etwas verwirrt mit ihrem japanischen Kleinwagen oder ihrem deutschen Kompaktfahrzeug zum nächsten Verwandtenbesuch aufbrechen sollten, machen Sie sich keinen Kopf. Auch unsereins kennt so etwas trotz zahlreicher Messebesuche bestenfalls als – frei nach Johannes Mario Simmel – den Stoff, aus dem die Träume sind.

Ich wünsche Ihnen noch ein paar ebenso geruhsame wie interessante Auto-Tage im ausklingenden Jahr 2009.

Ihr Jürgen C. Braun

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