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Suzanne Doucet: Wo sind all die schönen Jahre? Die Liedermacherin. Aufnahmen 1966-1981. (Sireena)

Heute wird sie, die seit 1983 in den USA lebt, in erster Linie als Instrumentalkünstlerin wahrgenommen und in einem Atemzug mit Kitaro, Andreas Vollenweider, Vangelis, Klaus Schulze, Brian Eno und anderen genannt. Dass Suzanne Doucet sich zu Beginn ihrer Karriere aber recht schnell als Liedermacherin etablierte, geriet darüber bisweilen in Vergessenheit. Das mag nicht zuletzt daran gelegen haben, dass die Liedermacher-Alben Rot wie Rubin (1966), In Essig und Öl (1974) bisher noch nicht und Reisefieber (1980) erst vor wenigen Jahren auf CD veröffentlicht wurden. Eine Lücke, die durch diese Zusammenstellung geschlossen wird – aus den Alben stammen die Songs.

Die Auswahl für Wo sind all die schönen Jahre hat Suzanne Doucet selbst getroffen. Die Texte sind mal nachdenklich (Fragen, Das Herz der Welt), mal fröhlich (Reisefieber) – ein Betroffenheitsalbum ist hier ganz sicher nicht entstanden. Auffallend ist, wie viel Sorgfalt die gebürtige Tübingerin immer auf die Musik verwendet hat, die nie bloße Untermalung einer textlichen Botschaft ist. Die Liste der Mitwirkenden umfasst Namen wie Paul Vincent Gunia, (der unter anderem die Titelmusik zur ARD-Serie In aller Freundschaft schrieb), Sylvester Levay (später u. a. mit Silver Convention erfolgreich) und Abi Ofarim (nach der Trennung von Ehefrau Esther als Musikproduzent tätig). Herausragend ist zweifellos Wenn, eine Übersetzung des von Rudyard Kipling geschriebenen Gedichts If.

Die Auswahl dokumentiert aber auch eine Entwicklung: Nach Rot wie Rubin und In Essig und Öl kam Reisefieber, wesentlich inspiriert von einer Weltreise zu Beginn der siebziger Jahre, erkennbar beeinflusst von Suzannes Interesse an Psychologie – und so außergewöhnlich, dass die große Schallplattenfirma, für die es produziert worden war, das Album dann doch nicht herausbringen wollte – zu unkommerziell. Also gründete die Sängerin kurzerhand ihr eigenes Label, brachte Reisefieber selbst heraus, wurde bei deutschen Sendern vorstellig und bewies damit, dass ihr Produkt durchaus an Frau und Mann zu bringen war. Und das, lange bevor das Eigenmarketing bei Künstlern alltäglich wurde.

Als Extra gibt es vier Songs, die 1981 aufgenommen, dann aber aus unterschiedlichen Gründen nicht veröffentlicht wurden (Lass geschehn, Ich liebe die Großstadt, Auf der Bundesstraße 8 und Ich geb nicht auf).

Eine Werkschau mit ganz verschiedenen Facetten, deren Titel inzwischen auch ein Fazit in eigener Sache ist – die Erinnerung an Suzanne Doucets Jahre in Deutschland, vor allem in München. Nicht zuletzt Erinnerung an eine aufregende Zeit, in der junge Musikerinnen und Musiker ihrer Experimentierfreude Vorrang gaben vor allen kommerziellen Interessen.

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