Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Als wir diese Kolumne vor ein paar Monaten eingeführt haben, war es unsere Absicht gewesen, am Samstag eine Rückschau auf die vergangene Woche zu halten. Wobei es nicht nur um Wahrnehmungen und Empfindungen eines Motorjournalisten, sondern auch um Erfahrungen und Bedürfnisse von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser geht.

Heute aber muss ich gestehen, dass das, was ich mir jetzt von der Seele schreibe, schon ein paar Wochen zurück liegt. Eigentlich ist gar nicht viel, im Grunde genommen gar nichts passiert. Außer, dass ich mein Fahrzeug gesucht habe, als ich nach einem Einkauf im Supermarkt auf den proppevollen Parkplatz trat und überlegte, wo ich denn nun mein Auto an diesem Samstag geparkt hatte. Klar, irgendwo sind wir alle ein bisschen zerstreuter Professor. Der oder die eine mehr, andere weniger.

Auf dem Weg durch die Parkreihen zu meinem Fahrzeug, dessen Standort ich zumindest noch grob einschätzen konnte, tat ich etwas, worauf ich bisher nie gekommen wäre, wenn sich hier nicht plötzlich die Gelegenheit geboten hätte. Ich blickte unverhohlen in fremde, dort abgestellte Autos. Auf Sitze, Hutablagen, Konsolen oder Armaturen. Einfach nur so, interessehalber. Vielleicht, weil ich es vorher noch nie gemacht hatte – oder einfach nur neugierig war.

So ein Auto kann manchmal wie ein zweites Wohnzimmer sein. Und damit auch Rückschlüsse auf Eigenschaften und Gewohnheiten seines Besitzers zulassen. Gut, die Zeiten, in denen Wackeldackel oder gehäkelte Klopapier-Rolle das Innenleben eines fahrbaren Untersatzes zierten (oder verunstalteten) sind wohl endgültig vorbei. Dennoch: Autos, deren Innenleben gar nichts erkennen lässt, keine CD, keinen Schlüssel, keine Packung Lutschbonbons oder was auch immer, die müssen wohl einen recht akribisch und besonnen durchs Leben gehenden Eigentümer haben. Denke ich zumindest.

Dann gibt es Autofahrer/innen, deren Fahrzeug-Höhle eine wahre Wohlfühloase für Leute sind, denen der Begriff Ordnung schon immer sehr suspekt war. Da fristet auf der krümeligen Rücksitz-Decke eine CD vom Live-Mitschnitt des letzten Robbie-Williams-Konzertes eine beschauliche Koexistenz mit einem zerknüllten Kicker-Starschnitt aus der Zeit der Schwarz-Weiß-Fotografie und einem angebrochenen Päckchen (unbenutzter) Papier-Taschentücher. Lässt derlei anheimelndes Sammelsurium menschlicher Bedürfnisse eine Charakterstudie des Eigentümers zu, so wäre diese wohl nicht von übertriebenem Hang zur Pedanterie geprägt.

Und dann gibt es noch jene, die sich die Haltevorrichtung des Rückspiegels durch allerlei wohl oder übel riechende Duftbäumchen der Marke Vanille, Tannen-Aroma oder Meeres-Brise verunstalten. Oder durch (zusätzliche?) abgeknutschte Teddybärchen, die eigentlich als Glücksbringer gedacht waren, dem Halter jedoch durch ihre bloße Existenz an eben jenem Platz die Sicht nach hinten versperren und damit eher kontraproduktiv wirken.

Nicht dass es jetzt die Regel werden sollte oder eine Art Volkssport. Aber werfen Sie mal, vielleicht beim fälligen Wochenend-Einkauf, im Vorbeigehen einen Blick auf die Autos, an denen Sie vorbeikommen. Sie werden Erstaunliches finden. Noch interessanter wird dann der Vergleich des Entdeckten mit dem Innenleben des eigenen Fahrzeugs.

Ihr Jürgen C. Braun

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