Liebe Leserinnen!Liebe Leser!

Ging es Ihnen auch so wie mir in dieser Woche, schon ab Sonntagabend bis, na sagen wir mal, vorsichtig, so am Mittwoch? Schwarz, Gelb, Rot, Grün, das ganze Land war eine einzige Farbenlehre. Jetzt könnte man irgendwie sagen, okay, wir haben es hinter uns. Die Wahlschlacht, die ja dieses Mal eigentlich gar keine war, ist geschlagen, jetzt haben wir wieder Ruhe für die nächsten fünf Jahre.

Egal, ob nun Ihre Favoriten am Wahltag so richtig durchgestartet sind, ob sie einen prozentualen Kolbenfresser hatten oder mehr oder weniger im Stillstand verharrt haben: alle vereint sind wir in der bangen Erwartung, was uns Autofahrer denn nun erwartet mit und unter dieser halbneuen Regierung. Die großen Verbände und Autofahrer-Organisationen mit ihren Lobbyisten haben sich natürlich im Laufe der Woche bereits mit erhobenem Zeigefinger zu Wort gemeldet und angemahnt, was in Autofahrer-Deutschland in den nächsten fünf Jahren alles dringend und am besten sofort in Angriff genommen werden solle.

Ein gezieltes Anti-Stauprogramm oder auch eine bessere Versorgungs-Infrastruktur für alternative Antriebe (Gas, Erdgas oder Elektrizität) fordert etwa der ADAC. Um sich aber auch gleich einem Thema zu widmen, das ganz bestimmt auch bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, oft im Mittelpunkt von Diskussionen steht. Pkw-Maut auf Autobahnen, ja oder nein? Gehen wir vor wie viele unserer europäischen Nachbarn? Machen wir unsere Fernstraßen nicht nur für Lkw, sondern auch für Personenwagen gebührenpflichtig? Schließlich, so ein immer wieder vorgebrachtes Argument, müssen wir ja im Ausland auch meistens bezahlen. Oder belassen wir es bei der Freien Fahrt für freie Bürger?

Ja, argumentieren die einen, denn dadurch kommen zusätzliche Einnahmen zustande, die dem Ausbau und dem Erhalt des Straßennetzes zugute kommen. Nein, sagen die anderen und malen das Schreckgespenst einer Autobahnflucht mit verstopften und dadurch unsicheren Landstraßen oder Ortsdurchfahrten an die Wand. Die alte und neue Regierungschefin hat sich mehrfach deutlich gegen Kassenhäuschen – in welcher Form auch immer – für die Millionen von deutschen Autofahrern im eigenen Land ausgesprochen. Auch den gebeutelten deutschen Autobauern wäre das in Zeiten der Krise alles andere als recht, und da die Herren Zetsche, Reithofer, Winterkorn und Co. in Berlin nicht gerade wenig Einfluss ausüben, ist damit zu rechnen, dass vorerst alles beim Alten bleibt.

Doch der Versuch, zu weissagen, wieviel wann und wo von welchen Wahlversprechungen für uns alle übrig bleibt, das wäre ein Blick in eine ziemlich verschmutzte Glaskugel. Also gilt auch hier das Prinzip: Lassen wir den Neuen erst einmal ihre 100tägige Scham- und Schonfrist, die jedem neuen Machthaber zugestanden wird und achten wir auch auf die leisen Untertöne bei vollmundigen Ankündigungen der von uns gewählten Volksvertreter. Hinterher, das wird auch in diesem Fall so sein, werden wir alle wieder klüger sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, egal ob mit Benziner, Diesel, Gas, Erdgas oder was auch immer unterwegs, ein Wochenende, dessen Farbenlehre sich – zumindest im Straßenverkehr – auf die Ampel reduziert hat. Aber selbst die war ja ein Thema in diesem Wahlkampf der Zärtlichkeiten.

Ihr Jürgen C. Braun

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