Buchtipp der Woche (2)

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Harry Rowohlt: Gottes Segen und Rot Front. Nicht weggeschmissene Briefe II. Kein und Aber Verlag; 19,90 Euro.

Seine Lesungen sind Monate im voraus ausverkauft. Bücher, die er übersetzt, werden sicher bisweilen hauptsächlich gekauft, weil gerade er sie übersetzt hat. Seine Auftritte als belesener und witziger Penner in der Lindenstraße haben die Fangemeinde auch nicht gerade kleiner gemacht. Kurz: Harry Rowohlt ist ein berühmter Mann.

Manchmal wird gerade das zum Problem – wenn er zum Beispiel einen Brief bekommt, der ihn – wie etliche andere – für ein Benefizprojekt gewinnen will. Oder wenn jemand eine eher undezente Klage loslässt, warum das Lesungs-Programm sich gelegentlich wiederholt, statt öfter (am besten wohl täglich) komplett erneuert zu werden.

Dann sind Antwortbriefe vonnöten. Zumal Harry Rowohlt sowieso kaum Zeit hat, denn wenn er nicht gerade auf einer Lesereise ist, übersetzt oder dreht er.

Und dann gibt es auch noch etliche andere Anlässe zum Briefeschreiben – zum Beispiel, wenn eine Veranstaltung besonders gut gelaufen ist, extra gut organisiert war, wenn man eine Einladung annehmen will, über die man sich sehr freut, und so weiter, und so weiter.

Harry Rowohlt jedenfalls ist ein leidenschaftlicher Briefschreiber. Den Eindruck bekommt man beim Lesen dieser Sammlung. Denn er schreibt so witzig und treffend, dass der Untertitel über nicht weggeschmissene Briefe schon als heftige Tiefstapelei durchgeht. Und sogar die (man-weiß-nicht-wievielte) Absage eines Benefiz-Engagements gerät nicht im Mindesten verletzend, sondern auf freundliche Weise lustig. (Auch bei Klaus Wowereit, dessen Anfrage man, pardon, den eher unpersönlichen Rundschreiben-Charakter doch sehr deutlich anmerkt).

Ganz besondere Freude macht die Antwort an einen Leser von gerade mal elf Jahren: Der lobt Harry Rowohlt nicht nur für die Pu der Bär-Übersetzung, sondern stellt dem Übersetzer ein paar Fragen, die sich beim Lesen ergeben haben. Und keine lässt der Meister unbeantwortet.

So ist die Briefsammlung nicht bloß vergnüglich und mehr als einmal auch noch lehrreich. Sie beeindruckt durch die zweifelsfreie Erkenntnis: Es gibt auch gute Argumente für den ganz konventionellen Brief, wenn man sich mitteilen will. Telefon hin, e-Mail her. (Ein zentrales Argument liefert Harry Rowohlt auch dafür, dass er die Zukunft des klassischen Buchs nicht bedroht sieht. Das e-Book jedenfalls ist nur bedingt eine Konkurrenz, schließlich kann man es weder an den Strand noch in die Badewanne mitnehmen.

(Ebenfalls lieferbar ist von Harry Rowohlt: Der Kampf geht weiter. Nicht weggeschmissene Briefe I. Kein und Aber Verlag; 22,90 Euro. Und trotz seines Engagements für die klassischen Informations- und Kommunikationswege ist die Webseite www.harryrowohlt.com allemal einen Besuch wert).

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