Alexandra: Stimme der Sehnsucht. CD und DVD. (Universal)
In den Schlagzeilen dieser Tage taucht ein Name auf, dessen Erwähnung eigentlich für blanke Ratlosigkeit sorgen könnte: Zum 40. Mal jährte sich der Todestag der Sängerin Alexandra, die mit nur 27 Jahren am 31. Juli 1969 bei einem schweren Autounfall ums Leben kam. Ein früher, spektakulärer Tod unter nie völlig geklärten Umständen, eine kurze Karriere, in der nur drei Langspielplatten aufgenommen werden konnten, ein an echten oder vermeintlichen Sensationen reiches Privatleben, vor allem aber eine unverwechselbare Stimme und klare künstlerische Ambitionen – das ist der Stoff, aus dem im Showbusiness Legenden gestrickt werden.
Mein Freund, der Baum gilt heute als eines der allerersten Lieder überhaupt mit einem Umweltthema – wer dachte schon Ende der 60er Jahre an Naturschutz oder Klimafragen? Alexandra, mit bürgerlichem Namen Doris Treitz, tat es und gab sich auch sonst für ihre Zeit höchst unkonventionell. Trotz beeindruckender Verkaufszahlen von Sehnsucht und Schwarze Balalaika wollte sie sich beizeiten vom reinen Schlager lösen, ins Chanson wechseln und so viel Einfluss wie nur möglich nehmen auf Texte und Melodien. Es verwundert nicht, dass sie auf diese Weise schnell in den Ruf kam, schwierig zu sein, üblicherweise sangen Schlagerstars zu der Zeit brav und folgsam, was gewiefte und erfahrene Produzenten ihnen auftrugen, das galt erst recht für Frauen.
Schwierig hin, kompliziert her – mit Udo Jürgens verband Alexandra eine Freundschaft, die zu gemeinsam geschriebenen Liedern führte (Illusionen), und Hans R. Beierlein – späterer Mentor des französischen Chanson in Deutschland – zählte zu ihren einflussreichsten Förderern. Sie nahm Lieder nicht nur in deutscher Sprache auf, begleitete Kollegen auf Tournee (unter anderem Salvatore Adamo) und galt trotz des Prädikats schwierig als junge Sängerin mit großer – auch kommerzieller – Zukunft. Über die Konditionen für einen neuen Vertrag bei ihrer Plattenfirma sprach sie noch kurz, bevor der bestehende Kontrakt auslief – und kurz vor ihrem Unfalltod am Nachmittag des 31. Juli 1969. Mit der Technik eines gerade erst gebraucht gekauften, für damalige Verhältnisse üppig motorisierten Mercedes Coupé war sie noch kaum vertraut, als sie ein Vorfahrt gewähren!-Schild an einer Kreuzung überfuhr und einen schweren Lkw übersah.
Wichtiger als die bis heute nicht abreißenden Spekulationen über ihren Unfalltod ist ihr künstlerisches Vermächtnis, das jetzt mit einer CD plus DVD gewürdigt wird. Zugegeben, der Untertitel Stimme der Sehnsucht klingt ein wenig nach dem Textmaterial, von dem sich die junge Sängerin so energisch lösen wollte. Er trifft das, was sie von anderen Sängerinnen so deutlich unterscheidet, dennoch sehr gut.