Faszination Truck-Rennen. Zwei Wochen nach der Formel 1 machten auch die Dicken dem neuen Nürburgring ihre Aufwartung. Und die Lust an Race Trucks, an Country-Feeling und ein bisschen Asphalt-Cowboy-Seligkeit ist, das erwies sich beim zum 24. Mal ausgetragenen ADAC Truck-Grand-Prix, weiterhin ungebrochen.
Als sich am Sonntag zur Mittagsstunde die mächtig herausgeputzten, aufwändig gestylten und phantasievoll lackierten Brummis zur Love Parade der Pferdestärken auf der Start- und Zielgeraden formierten, da war es fast so ein bisschen wie bei der Weihnachtsfeier der Vorschul-Kids: Ätsch, meine Hupe ist aber lauter als Deine. Ein ohrenbetäubendes Konzert, dann rollte der lange Lindwurm der blechernen Ungetüme über den Kurs. An der Strecke bestaunt und beklatscht, begutachtet von Kennern, Könnern und solchen, die einfach nur schauen wollten. Mit großen Augen schauen, auf das, was man aus einem Auto machen kann, das eigentlich ein Nutzfahrzeug ist.
Das Showprogramm und der große Korso am Sonntag auf dem Catwalk der Hubraum-Höhlen war neben den Rennen, neben Konzerten in der Müllenbachschleife und der Industriemesse rund um die Rennstrecke wieder einer der Höhepunkte beim Trucker auf dem Nürburgring in diesem Jahr. Doch der Trucker, heißt nicht umsonst Grand-Prix. Er ist zwar Show, aber nicht nur und ausschließlich. Das Festival der Kolben und Kurven jeder Art ist auch Motorsport, der von den Piloten viel Können am Lenkrad und unglaubliches Balancegefühl auf den schwankenden Hochsitzen verlangt.
Insgesamt 24 Fahrer haben sich bei der offiziellen Truck-Europameisterschaft eingeschrieben. Beim alljährlichen Höhepunkt der Serie, auf dem Ring, ist Antreten Pflicht. Was für die Truck-Schumis wie den Spanier Antonio Albacate, den Tschechen David Vrsecky, den Schweizer Markus Bösiger oder die Lokalmatadoren Hans-Werner Lenz und Jochen Hahn genauso gilt wie für die Hersteller MAN, Freightliner, Renault, Mercedes-Benz, Scania, Iveco, Daf: Für sie alle ist der Truck-Grand-Prix ein gigantisches Schaufenster ihrer Produkte, in dem sie deren Zuverlässigkeit bei extremster Belastung unter Beweis stellen können.
Ein paar sportliche Fremdgänger hat die Szene inzwischen auch zu verzeichnen: Ex-Rallye-Crack Uwe Nittel pilotierte am Wochenende einen Iveco und auch Hans-Joachim Striezel Stuck machte sein Versprechen aus dem vergangenen Jahr wahr: Der Altmeister war wieder auf der Piste und driftete für das Race Truck Team Allgäuer einen MAN mit kolossaler Leichtigkeit um die Ecken. Und mit der Französin Jennifer Janiec war im MAN sogar das gar nicht schwache weibliche Geschlecht vertreten.
Auch die Oldtimer-Freunde unter den Lkw-Bewunderern kamen an diesem Wochenende auf ihre Kosten. Im alten Fahrerlager des Nürburgrings wurden Erinnerungen an vergangene Tage geweckt. So wie etwa bei einem fast 50-jährigen Tanklöschfahrzeug aus dem Jahr 1960, einem MAN vom Typ 415 L. Bei dem 6-Liter-Brummi handelt es sich um eine Spezialanfertigung für die Berliner Feuerwehr mit einem eigenen Aufbau, der Raum für eine achtköpfige Löschzug-Besatzung bietet.
Im Rahmen des Truck Grand-Prix präsentierten auch etwa 50 Nutzfahrzeug-Hersteller, Zulieferer, Spediteure und Logistiker ihre Unternehmen. Doch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat auch beim Trucker ihre Spuren hinterlassen. Die Branche spart, einige große Firmen haben uns ganz absagen müssen. Geschadet hat das der Veranstaltung aber nicht. Wir sind weiterhin die größte Informationsbörse für Fahrer und Unternehmer, sagte Paul Göttl vom Veranstalter des Industrieparks, der ETM Verlags- und Veranstaltungs-GmbH aus Stuttgart.
Der Veranstalter hatte in diesem Jahr mit einem aufwändigen Programm und zusätzlichen Angeboten reagiert. So gab es erstmals die ZF Speditionslounge in der insgesamt 16 Spediteure aus ganz Deutschland Kunden und Geschäftspartner zu Gesprächen direkt an der Start- und Zielgeraden des Nürburgrings empfangen konnten. Am Charakter des Events will man im kommenden Jahr zum 25. Jubiläum nichts ändern: Im Gegenteil, wir wollen den Fokus noch mehr auf den Fahrer legen. Schließlich entscheidet er mit, wie erfolgreich ein Unternehmen am Markt agiert. Und bei der Wahl des Arbeitsgerätes ist der Fahrer der beste Berater seines Arbeitgebers, blickte Göttl voraus.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun