Liebe Leserinnen und Leser von www.kues.de,

wenn es um die eigene, oft glorreiche, Geschichte geht, sind die Presseabteilungen der großen Automobil-Hersteller meist nicht faul, entsprechende Mitteilungen in Wort und Bild zu versenden. In diesem Jahr haben etliche bekannte Namen einen Grund zum Feiern: 100 Jahre Audi, 90 Jahre Citroën, auch Alfa beschließt bereits das erste Jahrhundert seiner Produktion. Anfang dieser Woche jedoch kam eine entsprechende Mail aus dem Hause Volkswagen, die mich persönlich ziemlich berührt hat, auch weil es um mein erstes eigenes Auto ging. Vermutlich werden auch Sie, abhängig natürlich vom Lebensalter, selbst ganz bestimmte Geschichten mit Ihrem ersten fahrbaren Untersatz verbinden.

In besagter Mail von VW ging es – wie könnte es anders sein – um den Käfer, den Volkswagen schlechthin. Genauer gesagt um seinen 75. Geburtstag. Am 22. Juni 1934, so rief die Historien-Abteilung der Wolfsburger in Erinnerung, erhielt die damalige Dr. Ing. h.c. F. Porsche GmbH, Konstruktionen und Beratung für Motoren- und Fahrzeugbau vom Reichsverband der Automobilindustrie (RDA) den Auftrag zur Konstruktion und zum Bau des Volkswagens. Was daraus schließlich geworden ist, wissen wir alle. So war dieser Tag im Juni vor 75 Jahren vielleicht der Anstoß zu einer der großartigsten Perioden im Automobilbau schlechthin.

Dass mir da natürlich mein erstes eigenes Automobil noch einmal durch den Kopf ging, war doch klar. Das war 1972, mein Käfer war damals bereits 13 Jahre alt, ich hatte frühzeitig nach der Schule auf dem Bau für Führerschein und Auto was gespart. 700 DM kostete mich der mattgrüne Käfer damals. Unter der Rückbank schlummerte eine 6-Volt-Batterie, abgeblendet wurde mit dem Fuß mittels eines furchtbar klackenden Knopfes. Und direkt daneben befand sich ein Hebel zum Umlegen des Reservetanks. Dazu musste man noch – meist auf den Knien rutschend – vorne unter der puppig kleinen Pedalerie herum fingern, um besagtes Ausrüstungsteil zu finden.

An der Stelle, wo ich damals mein erstes Auto gekauft und dann auch betankt habe (für 56 Pfennige den Liter Normal verbleit), fahre ich heute noch oft vorbei. Autos werden da jetzt keine mehr verkauft, der Platz ist verwaist. Stattdessen kommt zweimal in der Woche der Betreiber einer Hähnchen-Braterei vorbei. Der Stand mit den Flattermännern erfreut sich vor allem zur Mittagszeit großer Beliebtheit. Das halbe Hähnchen kostet dort übrigens 3,50 Euro. Ich habe mir mal die Mühe gemacht, um das in frühere Währungsverhältnisse um zu rechnen. Demzufolge hätte mein erstes Auto etwa 100 halbe Hähnchen zum Preis von heute gekostet. Ohne Pommes!Mir aber war mein Käfer, der übrigens 14 Monate später von einem gebrauchten Ford Escort abgelöst wurde, mehr wert als sämtliche Hühner dieser Welt zusammen. Egal, ob gebraten oder nicht. Er war schlechthin das Symbol persönlicher Mobilität und Freiheit gewesen. Kleine technische Einschränkungen nahm man gerne in Kauf.

Vielleicht, liebe Leserinnen und Leser, kommt Ihnen bei dieser Gelegenheit ja auch noch die eine oder andere Anekdote zu Ihrem ersten fahrbaren Untersatz in den Sinn. Wie auch immer, ich wünsche Ihnen, ob mit oder ohne gebratenem Hähnchen, ein angenehmes letztes Juni-Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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