Peugeot-Triumph in Le Mans: Vorgezogener Nationalfeiertag

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Den 14. Juni 2009 werden sich die französischen Motorsportfreunde im Kalender dick anstreichen. Nicht etwa, weil er genau einen Monat vor dem Nationalfeiertag der Grande Nation liegt und auch fast so ähnlich klingt wie der quatorze juillet, sondern weil sich an diesem Tag Unglaubliches auf dem Motorsport-Heiligtum der Gallier an der Sarthe ereignet hat: Die französische Marke Peugeot feierte einen historischen Doppelsieg im bedeutendsten Langstreckenrennen der Welt, beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans und drehte dabei dem ewigen Konkurrenten der vergangenen Jahre, den Audis in ihrer neuen Wunderwaffe R15 TDI, eine lange Nase.

Damit wurde das Duell der Dieselgiganten auf beeindruckende Art und Weise zu Gunsten der Gastgeber entschieden. Nach langen, vergeblichen Anläufen. Endlich gelang es der französischen Vorzeigemarke Peugeot, die jahrelange Dominanz des deutschen Widersachers Audi zu brechen und damit auch die Mär von der Unschlagbarkeit der TDI-Boliden ad absurdum zu führen. Die Franzosen feierten mit ihren 908 FAP HDi bei den Vingt quatre heures du Mans sogar einen Doppelsieg. Mit Inbrunst sangen die mehr als 200.000 französischen Zuschauer, die die Stadt Le Mans und die legendäre Rennstrecke seit fast einer Woche in ein riesiges Heerlager von Motorsport-Enthusiasten verwandelt hatten, die französische National-Hymne, die Marseillaise. Das Trio Alexander Wurz/Marc Gené/David Brabham gewann das berühmteste Langstreckenrennen der Welt mit einem Vorsprung von einer Runde auf die Kollegen Sébastien Bourdais/Franck Montagny/Stéphane Sarrazin.

Schon bei der Pole-Position des Sarrazin-Autos am Donnerstagabend war klar geworden, dass die Löwenmarke zum Angriff blasen würde, auch wenn Audi immer wieder beteuerte, dass wir noch viele Kilometer mit dem neuen Auto brauchen und mehr auf Standfestigkeit als auf Rundenzeiten setzen. Sturm und Regen hatten das Qualifying beeinträchtigt, und auch das Rennen selbst war alles andere als ein Selbstläufer gewesen. Für die Löwenmarke war der Druck der ganzen Nation, nicht nur der Motorsport-Freunde, fast unmenschlich gewesen. Kein Wunder, dass sich nach der Zieleinfahrt die Emotionen Bahn brachen.

Die Peugeot-Mannschaft lag sich an der Boxenmauer in den Armen, ein Meer von Peugeot-Flaggen säumte die Start-Ziel-Gerade. Peugeot-Sportchef Olivier Quesnel war mit seinem Nervenkostüm fix und fertig: Es war ein unglaublich hartes Rennen, körperlich ebenso wie mental. Peugeot hatte eine riesige Erwartungshaltung, der Druck für das ganze Team war enorm. Ich freue mich riesig für unsere Mannschaft, wir haben so hart gearbeitet. Es ist ein ganz außergewöhnlicher Moment für mich, stammelte Quesnel sichtlich erschöpft. Für den Österreicher Alexander Wurz war es der zweite Le-Mans-Sieg der Karriere: Das ist einfach gigantisch, meinte der ehemalige Formel-1-Pilot.

Die sieggewohnten Ingolstädter Audis, die nach der Premiere in Sebring in Le Mans erstmals mit dem R10-Nachfolger R15 TDI antraten, mussten sich am Sonntag mit Rang drei als bester Platzierung zufrieden geben. Le-Mans-Seriensieger Tom Kristensen und seine beiden Kollegen Rinaldo Capello und Allan McNish, die das medienträchtige Spektakel an der Sarthe noch im vergangenen Jahr gewonnen hatten, kamen auf Platz drei ein, nachdem man sich in der Nacht noch einen erbitterten Dreikampf mit den Peugeots geliefert hatte. Dann aber konnten sich beide 908 absetzen, im Ziel lag der Kristensen-Audi sechs Runden hinter den siegreichen Löwen.

Auch in diesem Jahr machte Le Mans seinem Ruf als Crash-Center alle Ehre. Lucas Luhr (Koblenz) warf gegen 21.30 Uhr den zweiten R15 TDI in einer schnellen Kurvenpassage weg. Weil das Auto nach dem Unfall Öl verlor, durfte das Trio Luhr/Rockenfeller/Werner auch nicht mehr auf die Strecke. Ich habe noch versucht, das Auto gegenzulenken, aber an dieser Stelle war die Strecke viel zu schnell. Das Fahrzeug hat sich gedreht und ist dann rückwärts heftig in einen Reifenstapel eingeschlagen, gab sich Luhr enttäuscht. Einen bösen Einschlag musste auch die Mannschaft von Nationalheros Henri Pescarolo registrieren. Benoit Treluyer verlor auf Rang vier liegend auf einer Bodenwelle seinen Peugeot. Der Franzose schlug brutal in die Barrieren, wobei das Fahrzeug völlig zerstört wurde. Treluyer konnte das Streckenhospital jedoch unverletzt verlassen. Der Schweizer Harold Primat knallte mit seinem Aston Martin ebenfalls in die seitlichen Begrenzungen. Er kam zwar unverletzt davon, musste jedoch von den Streckenposten aus dem Wrack befreit werden.

Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Bernhard Schoke

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