Der Mythos lebt: 37. Auflage des Nordschleifenklassikers 24h-Rennen

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Wenn es überhaupt ein Rennen gibt, das auf dieser Strecke den viel strapazierten Begriff Mythos verdient hat, dann dieses: zweimal rund um die Uhr. Ob bei Sonnenschein oder Wolken verhangenem Himmel, bei drohenden schwarzen Gewitterwolken, bei infernalischem Blitz und Donner, bei undurchdringlichem Nebel oder auch bei zartem Morgenrot. Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring mit fast 200 Teams aus allen fünf Erdteilen, mit 200.000 Zaungästen am Rande der wilden Berg- und Talbahn durch die einsame Eifel ist ein Ereignis, das es sonst nirgendwo auf dem Erdball gibt.

Es ist eine atemberaubende, fast schon irreal wirkende Inszenierung: Tag und Nacht werden eins, in der Dunkelheit wird das schwarze Asphaltband inmitten der unüberschaubaren Anzahl von Zeltplätzen im flirrenden Lichterkegel Tausender von Lagerfeuer zum Inbegriff wilder Romantik. Das dumpfe, immer wieder kehrende Dröhnen der Hubraum-Paläste der Dodge Viper mischt sich in das schreiende Brüllen der hoch gezüchteten Porsche-Armada oder in das surrende, fast überschnappende Piepsen und Fauchen aufgemotzter Polos oder Fiestas.

Wer hier ankommt, in der immerwährenden Auseinandersetzung mit der Natur und der Technik, der ist ein Sieger. Einer, dem in der letzten Runde am Sonntagnachmittag die Ovationen der Menschen am Streckenrand, die vielleicht knöcheltief im Matsch und Schlamm der Eifelwiesen stecken, gewiss sind. Finisher zu sein, an zu kommen, das ist das Ziel, das am Samstag um 16 Uhr beim Start zur 37. Auflage des ADAC Zurich 24-Stunden-Rennens alle vor Augen haben, die ihn ihren Rennern von Polo bis Porsche Platz genommen haben. Wohl wissend, dass bei diesem Rennen nichts unmöglich ist: Vor zwei Jahren wurde die wilde Hatz wegen eines Wolkenbruchs kurz nach dem Start bereits neutralisiert, ebenfalls 2007 machten undurchdringliche Nebelbänke in der Nacht das Weiter fahren unmöglich. Das Rennen wurde in den Vormittagsstunden erst wieder aufgenommen, als man zumindest etwas mehr sah als nur die schemenhafte Hand vor Augen.

In diesem Jahr lockt der Nordschleifen-Klassiker die Motorsportfreunde mit einem illustren Teilnehmerfeld in die Eifel, das es in dieser Zusammenstellung nur selten gibt. Die Porsche-Werksteams, darunter die dreifachen 24h-Sieger von Olaf Manthey, werden heuer in den bildschönen Audi R8 LMS – vier Stück an der Zahl – bisher unbekannte Konkurrenz haben. Hinzu kommen etliche Nordschleifen-Spezialisten auf Endurance-Rennern, deren Namen jeden Motorsportfreund mit der Zunge schnalzen lassen: Aston Martin Vintage, Alpina BMW, Corvette, VW Scirocco oder viele andere mehr. Die Brautschau in Blech ist ein gigantisches Schaulaufen zwischen Hatzenbach und Antoniusbuche.

Deshalb bestätigt auch Olaf Manthey, der erfolgreichste Teamchef beim größten Autorennen der Welt, dass das Gewinnen in diesem Jahr viel schwerer geworden ist als früher. Das neue Reglement des 24h-Rennens, das auch in der VLN-Langstreckenmeisterschaft auf dem Ring angewendet wird, lässt die Manthey-Porsches sowie die Audi R8 von Phoenix und ABT Sportsline als Hauptanwärter auf den Gesamtsieg erwarten. Immerhin teilten sich beide bisher die Siege und Pole-Positions in den drei bereits gefahrenen VLN-Rennen. Nach dem neuen Regelwerk sind auch GT3-Fahrzeuge ab sofort startberechtigt. Die Streichung der kleinsten Klassen soll der Sicherheit der Fahrer/innen zugute kommen.

Doch in den Top Ten der VLN-Rennergebnisse fanden sich in diesem Jahr auch Corvette, Dodge Viper, BMW Z4 oder Ford GT. Es gibt eine ganze Reihe von hochkarätigen Teams, die Chancen auf den Gesamtsieg haben, bekräftigt Vorjahressieger Timo Bernhard. Der in Monaco lebende Saarländer, der im vergangenen Jahr das siegreiche Quartett mit Marc Lieb, Marcel Tiemann und Romain Dumas bildete, strebt eine Widerholung des Vorjahres-Erfolgs an. Aber dafür muss alles passen, und was in den 24 Stunden alles möglich ist, haben wir in den vergangenen beiden Jahren gesehen, weiß Bernhard.

Bis das Rennen am Samstag um 16 Uhr gestartet wird, werden jedoch schon jede Menge Rennfahrer den Ring unter die Reifen genommen haben. Schon im Rahmenprogramm präsentieren die Veranstalter einen gelungenen Mix aus modernem und historischem Motorsport. Neu ist die ADAC 24h-Classic. Das Rennen für Youngtimer, historische Tourenwagen und GT soll einen spektakulären Überblick über die Historie des Langstreckensports auf dem Nürburgring geben. 130 Nennungen liefen für die Premiere des von der FHR (Fahrergemeinschaft historischer Rennsport) ausgerichteten Drei-Stunden-Rennen.Ein buntes Spektakel, das am Samstag den Höhepunkt im Vorprogramm bildet.

Vom Ford Hundeknochen-Escort bis hin zu Porsche 911, Jaguar E-Type oder BMW M1 reicht die Palette der bildschönen Klassiker, die für beste Unterhaltung sorgen dürften. Ein ganz besonderes Highlight auf der Nordschleife wird auch das gemeinsame Rennen der ADAC Procar mit einem großen Starterfeld unter dem Motto Renault Race Festival am Freitagnachmittag sein.

Text: Jürgen C. Braun / Fotos: Bernhard Schoke

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