Motor Show 2009: Detroit Blues

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Daimler Chef Dieter Zetsche singt den Gospel des Optimismus im Chor der Blues-Sänger anlässlich der Detroit Auto Show, der immer noch wichtigsten nordamerikanischen Automesse. Als ehemaliger Bewohner der Autohauptstadt an der kanadischen Grenze bot Zetsche den angeschlagenen ehemals großen Drei (Ford, GM und Chrysler) symbolisch die starke Schulter von Mercedes zur Unterstützung an. Die Marke mit dem Stern ging auf der Messe mit drei Neuvorstellungen allen voran. Neben den Elektroautos, die Mercedes im Gewand einer futuristischen B-Klasse in allen Spielarten vorstellte, zeigt der Supersportwagen SLR Stirling Moss, dass auch in Zeiten von Auto- und Finanzkrise viele PS noch Spaß machen dürfen. Das spezielle Vergnügen in diesem Auto bleibt allerdings einer guten Handvoll reicher Sammler vorbehalten. Die neue E-Klasse, das eigentliche Anliegen von Daimler in Detroit wiederum, gab es exklusiv nur für Journalisten zu sehen. Dem Publikum wird der neue Benz erst zur Frühjahrsmesse in Genf gezeigt.

VW überraschte in Detroit mit einem kleinen Mittelmotor-Roadster. Die Studie war zwar angekündigt, dass sie aber schon im nächsten Jahr umgesetzt werden könnte, verblüffte die Branche, zumal es für ein Mittelmotorfahrzeug dieser Größe im Konzern bislang keine Blaupause gab. Mit Mittelmotor wartet zwar auch Audis Neuheit in Detroit auf, aber der R8 mit dem V10-Motor von Lamborghini spielt deutlich in einer anderen Liga.

Sportlich sah man auch bei BMW den Auftritt im winterlichen Detroit und präsentierte als Frühlingsboten gleich zwei Cabrios. Der Z4 kommt künftig mit einem Stahlklappdach daher und bei Konzerntochter Mini bietet das neue Cabrio ein paar nette Gimmicks um die spärliche Sonne länger zu genießen.

Toyota, auch in der Krise noch der größte Hersteller der Welt, präsentiert bereits die dritte Generation des Hybrid-Trendsetters Prius. Außerdem hat man auch dort die mögliche Bedeutung reiner Elektroautos für den Stadtverkehr erkannt und aus dem neuen Stadtflitzer iQ flugs ein solches E-Auto konstruiert, das bereits im nächsten Jahr auf den Markt kommen könnte. Bei der Nobeltochter Lexus stand eine neue Hybridlimousine namens HS 250 H im Mittelpunt des Interesses. Der erste Vierzylinder-Benziner von Lexus bleibt allerdings dem amerikanischen Markt vorbehalten. Das gilt nicht für den Honda Insight. Der Hybrid will weltweit dem Prius Konkurrenz machen und setzt dabei auf den so genannten Mild-Hybrid, einen kleinen E-Motor, mit dem das Fahrzeug nicht alleine fahren kann, der aber Energie spart. Auf eine ähnliche Technik bauen auch die meisten der vielen Hybridmodelle bei GM und Ford auf. Fast jedes Modell der beiden größten amerikanischen Hersteller war in einer Hybridversion auf der Messe vertreten. Dafür wurden die noch im vergangenen Jahr gefeierten Pickups diesmal fast verschämt versteckt. Genau genommen zeigten die Amerikaner so viele Elektroautos, dass sich die größte Tageszeitung USA-Today schon zu patriotischen Jubelstürmen über die Innovationskraft von GM und Ford hinreißen ließ. Allerdings nicht ohne die kritische Anmerkung, dass solche Autos wohl nur bei Benzinpreisen von mehr als vier Dollar pro Gallone einen Käufer fänden. Zurzeit kostet der Sprit in den USA nur noch wenig mehr als zwei Dollar, was den Verkauf der durstigen, aber billigen Pickups wieder anziehen ließ. Der Käufer hat eben ein sehr kurzes Gedächtnis. Die deutsche Autoindustrie muss vor der vermeintlichen Innovationskraft sicher keine Angst haben. Benz-Chef Zetsches optimistische Töne gründen in hervorragender Technik und hochwertiger Verarbeitung, was man den Messemodellen aus Detroit in dieser Form kaum unterstellen kann. Da wirkt doch vieles mit heißer Nadel gestrickt. Auch scheint man insgesamt sehr verunsichert. Die einstige PS-Hauptstadt der Welt verschweigt in den meisten Datenblättern der Ausstellungsautos heute die PS-Angabe und setzt auf hohe Reichweite und geringe Kosten der Modelle. Einzig bei Sportwagen spielt die Kraft noch eine Rolle. Für die wird es wohl, wie für Luxusautos, auch in Zukunft noch einen Markt geben. Alle anderen müssen ihre Kunden erst neu finden und genau dazu ist eine solche Messe ja da.

Text: Günter Weigel

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