Mobilität einmal ganz anders : Extrem-Mensch Thomas Dold

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Thomas Dold ist ein Mensch, für den das Thema Mobilität viele Facetten hat. Auto fahren gelegentlich, aber nicht zu oft. Weil ich dabei Zeit verliere, und das kann ich mir eigentlich nicht leisten. Also nimmt der 24-Jährige Student der Wirtschaftswissenschaften, der in Stuttgart seinen Ökonom baut, lieber mal den Zug oder den Flieger, um zu seinem ganz speziellen Training zu fahren. Mal nach Frankfurt, um ein paar Hundert Stufen den Main Tower nach oben zu rennen, oder nach Wien, um dort einen von Europas höchsten Fernsehtürmen rauf zu rennen. Und im Stuttgarter Fernsehturm, da hat er – selbstverständlich – so eine Art Freifahrtschein. Oder sollte man besser sagen, Freilaufschein. Denn der 24-Jährige ist ein Läufer der ganz besonderen Art. Einer, der das Thema Mobilität, das für viele uns in erster Linie zu Fuß gehen oder Auto fahren bedeutet, irgendwie neu erfunden und neu definiert hat.

Dreimal in Folge hat der gebürtige Badener, der in der schwäbischen Hauptstadt Gastrecht genießt, den Lauf auf das New Yorker Empire State Building gewonnen. Das sind 1596 Stufen, immer steil nach oben. Die legte Thomas Dold in zehn Minuten und acht Sekunden zurück. Immer zwei auf einmal, sonst hast Du keine Chance. Zum Schluss liegt der Puls knapp unter zweihundert. Türme nach oben rennen (etwa in Taipeh auf das höchste Dach der Welt) ist eine seiner beiden großen Leidenschaften. Eine andere ist – und da werden viele ungläubig den Kopf schütteln – das Rückwärtslaufen. Das ist mittlerweile eine anerkannte Disziplin in der Leichtathletik mit eigenem Regelwerk geworden. Thomas Dold ist Doppelweltmeister über 800 Meter und 3.000 Meter Rückwärts laufen und legt dabei Zeiten hin, die gut trainierte Läufer richtig herum, also vorwärts, nicht im Traum erreichen.

Sein Meisterstück lieferte der 24-Jährige am Silvestertag 2008 in Trier an der Mosel ab. Der dortige Bitburger-Silvesterlauf, seit 19 Jahren ausgetragen, ist der größte seiner Art in ganz Europa. 2.000 Läuferinnen und Läufer aus 25 Nationen waren 2008 am Start. Von der laufenden Hausfrau, vom zweijährigen Knirps bis hin zum olympischen Medaillengewinner in den Läufen der Top-Asse. Dort tummeln sich die Besten ihrer Art aus Kenia oder Äthiopien und messen sich mit den besten Europäern. 15.000 Zuschauer drängen sich dort stets am letzten Tag des Jahres, um mit Rasseln und Samba-Trommeln zu feiern.

Genau diese Atmosphäre suchte Thomas Dold für ein Vorhaben der besonderen Art. An Silvester 2008 wollte er einen neuen Straßen-Weltrekord im Rückwärtslaufen über einen Kilometer aufstellen. Und sein Projekt wurde ein gigantischer Erfolg. Nicht nur, weil er in drei Minuten und 20 Sekunden wirklich eine neue Welt-Bestleistung aufstellte. Sondern vor allem wegen des unglaublichen Erlebnisses. Normalerweise stehen beim Rückwärtslaufen vier oder fünf Zuschauer an der Strecke und schauen Dir zu. Hier peitschen Dich 15.000 Menschen mit Trillerpfeifen nach vorn. Es war einfach unglaublich, war der Mann, der mit den Fersen nach vorn und den Zehen nach hinten läuft, vom Trierer Silvesterlauf-Publikum restlos begeistert. Thomas Dold hat beim Trierer Silvesterlauf jedenfalls gezeigt, dass das Thema Mobilität auf verschiedene Weise angegangen werden kann. Aber auch hier ist es wie beim Automobil. Der Untersatz muss stimmen. Seine Laufschuhe jedenfalls hätten die Inspektion jedes KÜS-Prüfingenieurs ohne Einschränkung bestanden.

Text: Jürgen C. Braun / Foto: Holger Teusch

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