Die Autozulieferer und die Rohstoffpreise

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Bei den deutschen Automobilzulieferern machen sich – natürlich – die Auswirkungen hoher Rohstoffpreise bemerkbar: 87 Prozent von ihnen beschäftigen damit besonders stark. Rohstoff- und Energiepreise erfordern eine technologische Neuorientierung, der nicht alle deutschen Zulieferer gewachsen sein werden. Die Folge: eine Konsolidierungswelle. Das sind Ergebnisse einer Studie des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young, die auf einer Befragung von 150 deutschen Automobilzulieferern beruht.

Hohe Energie- und Rohstoffpreise belasten vor allem kleinere Zulieferer, bei denen die Materialkosten einen hohen Anteil an den Gesamtkosten aufweisen. Das wirke sich belastend auf die Marge aus. Gleichzeitig verliert die weltweite Automobilkonjunktur an Fahrt, mit negativen Folgen für Umsätze der Zulieferer. Zudem steigen die Anforderungen permanent. Die Komplexität in der Automobilfertigung nimmt zu, die Internationalisierung hält an und die Modellvielfalt vergrößert sich. Weiterhin wälzen Hersteller beträchtliche Entwicklungs- und Produktionsaufgaben auf Zulieferer ab.

Ferner steht die Automobilbranche wegen der Klimadebatte und hoher Kraftstoffpreise vor Herausforderungen: Sie muss die Verringerung des Kraftstoffverbrauchs und die Reduzierung bzw. Vermeidung von Emissionen erreichen sowie in alternative Kraftstoffe und neue Antriebstechnologien investieren. Bereits heute richten sich große Zulieferer neu aus und investieren beispielsweise für einen Durchbruch des Elektroantriebs. Unternehmen, die nicht mithalten können, drohe laut Studie das Aus.

Die Automobilhersteller formulieren neue Anforderungen an die Technologiekompetenz und die Investitionsbereitschaft der Zulieferer. Bei tendenziell sinkender Marge müssen die Unternehmen finanziell stark sein, um aus eigener Kraft oder durch Kooperationen/Zukäufe die Zukunftstechnologien entwickeln bzw. anzubieten. In diesem Kontext könnten Private-Equity-Investoren den Prozess beschleunigen.

Gewinner des sich abzeichnenden Ausleseprozesses werden finanziell starke Unternehmen mit attraktivem Produktportfolio sein. Unternehmen, die eine geringe Eigenkapitalausstattung und eine ungünstige Finanzierungsstruktur aufweisen, kaum international tätig sind oder sich nicht durch ein besonderes Produktportfolio auszeichnen, geraten unter Druck. Bei den Zulieferern entstehen künftig weitere Mega-Supplier, die wegen ihrer Größe und Marktmacht eher auf Augenhöhe mit OEM verhandeln könnten.

Die Hälfte der Unternehmen produziert im Ausland. 43 Prozent verfügen über Produktionsstätten in mindestens einem osteuropäischen Land. Der Anteil der Unternehmen, die in Asien (vor allem China) tätig sind, stieg innerhalb von zwei Jahren von 17 auf 29 Prozent. In Westeuropa sind nach wie vor 30 Prozent der deutschen Zulieferer präsent. Die Studie belegt: Der kostenintensive Aufbau von Produktionsstätten im Ausland verlangsamt sich. Aktuell plant das nur noch jedes vierte Unternehmen. Der Kostenvorteil gerade in Osteuropa schrumpft: Steigende Energiepreise fressen einen erheblichen Teil der Einsparung durch anfallende Logistikkosten sowie grundsätzliche Probleme bei Qualität und Flexibilität in jenen Ländern auf.

Künftig, so die Studie, sei eine große Dynamik bei Absatz und Produktion in China und Indien zu erwarten. Für das kommende Geschäft würden in erster Linie hoch qualifizierte Mitarbeiter für Forschung und Entwicklung gesucht. Weniger Bedarf bestehe beispielsweise in der Montage, wo bereits ein sehr hoher Automatisierungsgrad erreicht sei.

Bei Automobilherstellern ist kaum ein Nachlassen der Internationalisierungsdynamik auszumachen. Zahlreiche Unternehmen investieren in neue Auslandsstandorte bzw. planen derartige Investitionen. Die Zulieferer folgen den Herstellern. Osteuropa werde auch mittelfristig die größte Anziehungskraft auf deutsche Zulieferer ausüben. Dort planen 15 Prozent aller Zulieferer Investitionen: Polen und die Slowakei stehen ganz oben. Hohe Zuwachsraten seien in Russland zu erwarten: Sieben Prozent der Unternehmen wollen dort tätig werden. China und Indien stehen bei deutschen Zulieferer hoch im Kurs: Sieben bzw. fünf Prozent der Unternehmen planen dort den Aufbau von Produktionsstätten.

Fast jeder dritte Zulieferer will in den kommenden zwölf Monate die Mitarbeiterzahl erhöhen, 88 Prozent der Unternehmen planen, die Beschäftigung in Deutschland mindestens konstant halten. Dagegen wollen 60 Prozent von ihnen die Teams weltweit erhöhen.

Text: Erwin Halentz, Fotos: Mercedes-Benz

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