Buchtipp der Woche

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Thomas Hohensee: Die Stress-Formel. Fix und fertig in fünf Minuten.
Rowohlt Taschenbuch Verlag (rororo); 7,95 Euro

Wir kennen sie alle – jene Zeitgenossen, die es ihrem Image schuldig zu sein glauben, stets und ständig einen gestressten Eindruck zu hinterlassen. Mit leidendem Gesichtsausdruck betreten sie den Raum, als laste der Auftrag auf ihnen, die Welt zu retten. Auf ihnen allein, versteht sich. Die eindrucksvolle Mimik wird ergänzt durch Wortfolgen wie: Was für ein Stress! , Nein, was bin ich doch gestresst oder ähnliche. Kurzum, das Phänomen Stress gehört unserer Zeit wie Internetrecherchen, e-Mail-Schreiben und Autofahren. Wer nicht gestresst ist, muss wohl von gestern sein. Das jedenfalls beobachtet der Autor Thomas Hohenensee, und aus der Beobachtung leitet er seinen Ratgeber ab. Für alle, die solche Kunst des eindrucksvollen Gestresst-Auftreten vielleicht noch nicht beherrschen.

Man ahnt es: Hier mokiert sich jemand über ein Zeitgeistphänomen, und das tut er gründlich. Das Wörtchen sofort entlarvt er als Mutter aller Stressformeln. Sofort muss es gehen, egal was. Mach das mal bitte, wenn's geht, sofort. Das Tückische daran: Solche Aufforderungen stecken an, sie erreichen den Adressaten direkt im Gefühl.

Ein weiterer Erfolgsweg zum garantierten Stress: Denken Sie nur an das, was Sie nicht haben. Das funktioniert, denn irgendwas entbehrt man immer. Noch ein Zauberwort ist die Frustrationstoleranz. Anders gesagt: Wer sich etwa beim Anflug verstopfter Nase selbst sofort auf der Intensivstation sieht, von lebensgefährlichen Keimen befallen, versetzt sich selbst in einen wunderbar wirksamen Dauerstress. Auch Urlaubsverzicht kann da Vorzügliches bewirken: Warum soll man sich Erholungspausen gönnen, wenn es auch anders geht?

Thomas Hohensee schafft es, ganz einfache Weisheiten in eine gnadenlos überzeichnete Satire zu packen. Dadurch entlarvt er einen großen Teil des Stress in unserer Zeit als Wichtigtuerei, und die Abhilfe kann man sich beim Lesen selbst ableiten. Denn vom wirklichen, krank machenden Stress, von allem, was tatsächlich krank macht und Abhilfe durch Fachleute erfordert, ist hier keine Rede. Ihn gibt es natürlich – aber doch viel seltener als all die Zeitgenossen, die schon aus Imagegründen beim Betreten eines Raumes wirken, als hätten sie schon zur Mittagszeit ein normales Tagespensum ums Dreifache überschritten.

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