Formel 1 – die Schumacherfreie Zone

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Zum ersten Mal seit 18 Jahren taucht der Name Schumacher nicht in den Starterlisten der Formel 1 auf, wenn am kommenden Sonntag beim Großen Preis von Australien in Melbourne die Saison 2008 beginnt. Mit fünf Stammpiloten stellt die Automobilnation Deutschland dennoch den größten Fahrer-Anteil. Wurde 2007 vom Jahr 1 nach Schumi und dem Beginn einer neuen Ära gesprochen und geschrieben, so gilt die Tatsache, dass Michaels jüngerer Bruder Ralf nun dem weltweiten PS-Zirkus (notgedrungen?) ebenfalls adieu gesagt hat, bestenfalls als Splitter in den einschlägigen Motorsport-Gazetten. Wer is' weg? Ralle! Ach so.

Das deutsche Kleeblatt Nick Heidfeld (BMW-Sauber), Nico Rosberg (Williams), Sebastian Vettel (Toro Rosso) und Adrian Sutil (Spyker) war im vergangenen Jahr bereits gemeinsam vertreten. Hinzu kommt nun der Wersauer Timo Glock, der Schumi 2 bei Toyota beerbt hat. Der schnellste Gräfelfinger aller Zeiten, zu dem die Lokalausgabe des Münchener Merkur Sutil vor Jahresfrist kürte, hat seine Lohnsteuerkarte in diesem Jahr allerdings bei einem anderen Arbeitgeber abgegeben. Force India wird als Spyker-Nachfolger die Formel-1-Welt nicht aus den Angeln heben, dort aber zumindest zu einem weiteren bunten Farbtupfer werden. Dass die indische Kraft den gelernten Pianisten allerdings im Fortissimo in luftigere Höhen des motorsportlichen Daseins führen wird, erscheint unwahrscheinlich.

Nicht viel anders wird es Glock, der nach 2004 als Testfahrer bei Jordan seine zweite Chance in der Formel 1 bekommt, ergehen. An die 350 Millionen Euro pumpt der japanische Autoriese Toyota per anno in den Zirkus. Doch Aufwand und Ertrag stehen in einem äußerst unakzeptablen Verhältnis. Ich will alles versuchen, mit dem Auto die bestmöglichen Resultate erreichen, doch im Moment haben wir noch sehr viele Baustellen, gab sich Glock nach den üblichen Testfahrten höflich zurückhaltend bis leicht pessimistisch

Vettel, in dessen Ausbildung BMW seit Jahren viel Zeit, Geld und Energie gesteckt hat, wird im Toro Rosso vor allem das bekommen, was er braucht. Viele Pisten-Kilometer, um sein großes Talent möglichst schell mit effizienter Erfahrung zu verbinden. Sein Ziehvater, BMW-Motorsportdirektor Dr. Mario Theissen, wird jeden erfolgreich zurück gelegten Kilometer des Heppenheimers mit Genugtuung registrieren.

Heidfeld, 2007 lange dritte Kraft hinter Rot und Silber werden wie auch dem Sohn des 1982er Weltmeisters Keke Rosberg, Nico, die größten Erfolgsaussichten eingeräumt. Der Mönchengladbacher war im BMW-Sauber im vergangenen Jahr als Fünfter bester Deutscher im ersten schumi-freien Jahr. In der neuen Saison will er mit dem deutschen Rennstall endlich den ersten Sieg einfahren. Was angesichts der Sekunden-Bruchteile, die die Topteams trennen, nicht ganz einfach ist. Zumal Vieles in der Formel 1 nicht erst seit der Spionage-Affäre um McLaren-Mercedes und Ferrari sowie um Renault geheim gehalten wird.

Jung-Rosberg Nico, dessen Vater sich fürs neue Jahr beim Bezahlsender Premiere als Experte verdingt hat, geht 2008 schon in seine dritte Saison in der Königsklasse. Und hat dabei offenbar jugendliche Unbekümmertheit gegen Zielgerichtete Orientierung eingetauscht: Williams hat einen sehr viel besseren Klang in der Formel 1 als das, was wir bisher an Ergebnissen eingefahren haben. Das muss anders werden. Text: Jürgen C. Braun

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