Buchtipp der Woche

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Heiner Lauterbach: Nichts ausgelassen.
Knaur Verlag; 8,95 Euro.

Man tut ihm unrecht: Denn in Nichts ausgelassen schreibt er zwar auch über sein früheres wildes Leben, aber in bemerkenswert distanzierter Sprache. Viel interessanter sind seine Auffassungen von Schauspielkunst und künstlerischer Leistung, und besonders sympathisch wird die Zwischenbilanz des mittlerweile 54-jährigen Heiner Lauterbach durch seine selbstkritischen Analysen, die aber nicht in übertriebene Selbst-Anklagen ausarten.

Seine Jugend fällt in die wilden späten sechziger Jahre. Dem (zu der Zeit durchaus sehr üblichen) schulischen Drill nach dem Motto: Nicht für das Leben, sondern für den Lehrer lernen wir entzieht er sich durch Abhauen. Seinen Wunsch, Schauspieler zu werden, scheint er sich wenig später erfüllen zu können, denn er wird angenommen. Hohe Anforderungen an Disziplin und Lerneifer beeindrucken ihn indes schon wieder nicht, stattdessen vertraut er darauf, es möge ihm schon das Notwendige von selbst zufliegen. Stattdessen fliegt er von der Schauspielschule.

Später wird er umso konzentrierter an sich arbeiten, sich wie andere bei Dreharbeiten scharf in den Blick nehmen. Mit der Regisseurin Doris Dörrie – die er gleichermaßen als Mensch, der Kopf- wie Bauchentscheidungen erlebt – schafft er den Durchbruch, ohne darauf vorbereitet zu sein: Männer katapultiert ihn, gemeinsam mit Filmpartner Uwe Ochsenknecht, Mitte der achtziger Jahre an die Spitze der Kino-Charts. Die Komödie um den Konkurrenzkampf zwischen Karrieremensch und Lebenskünstler trifft genau den Nerv der Zeit.

Später fällt er dem puren Kopf-Regisseur Dieter Wedel positiv auf, der ihn schätzt, für eigene Projekte gewinnt und seinem Ruf als ungnädiger Perfektionist auch bei dem inzwischen renommierten Schauspieler Heiner Lauterbach alle Ehre macht. Seinen Beruf versteht er in erster Linie als konzentrierte Arbeit, zu der er eine gute Portion Begabung voraussetzt. Von der Selbstüberschätzung, die den Eleven Heiner aus der Schauspielschule katapultierte, ist beim prominenten Schauspieler Lauterbach nichts mehr übrig geblieben. Sympathisch.

Was ebenso auffällt: Heiner Lauterbach hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg, er bezieht Position und begründet sie. Diese Meinungen muss man beim Lesen nicht teilen, aber der Klarheit Respekt zollen, mit der sie hier formuliert werden.

Nichts ausgelassen hat er früher. In zweiter Ehe verheiratet und Vater dreier Kinder aus beiden Ehen, entdeckt der frühere Lebemann den Sport für sich. Und man registriert beim Lesen, dass er erstens auch davon nicht wenig versteht und zweitens freimütig bekennt, gegen die früher geschätzten Genussgifte auch als inzwischen langjähriger Abstinenzler nicht gefeit zu sein.

Fazit: Ungeachtet des reißerischen Titels befriedigt Heiner Lauterbach keinen Voyeurismus, sondern erscheint als jemand, der in jüngeren Jahren gut und gerne dem Zeitgeist folgte, schließlich aber aus gutem Grund die nötigen Konsequenzen gezogen hat. Ein lehrreiches Buch, aber kein belehrendes. Mit Männer-Gegenpart Uwe Ochsenknecht übrigens verbindet ihn bis heute eine zwar lockere, aber ununterbrochen bestehende Freundschaft.

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