Ellen Lohr: „2008 mache ich auf jeden Fall weiter“

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Das Ziel am Sonntag Nachmittag vor dem altehrwürdigen Wahrzeichen Triers, der Porta Nigra, hat sie leider nicht gesehen. Doch ihrer Leidenschaft am Rallyesport tut dies keinen Abbruch. Motorsport-Profi Ellen Lohr (41) musste am zweiten Tag der Rallye Deutschland, dem zehnten von 16 Läufen zur Rallye-Weltmeisterschaft, wegen eines Getriebeschadens zwar die Segel streichen, doch dem KÜS-Mitarbeiter hatte sie schon vor dem Startschuss zur ersten Wertungsprüfung am Freitag morgen versichert: 2008 werden meine Beifahrerin Antonia de Roissard und ich auf jeden Fall wieder die Deutsche Rallyemeisterschaft bestreiten.

Als umjubelter Sieger wurde am Sonntag Nachmittag bei der Siegerehrung in Trier zum sechsten Mal in Folge der Franzose Sébastien Loeb gefeiert. Dadurch hat der Citroën-Werkspilot den Rückstand auf WM-Spitzenreiter Marcus Grönholm sechs Rennen vor dem Saisonende von 13 auf acht Punkte verkürzt. Der Finne, der in der letzten der 19 Wertungsprüfungen den lange Zeit sicher geglaubten Platz nach einem heftigen Einschlag noch verlor, wurde hinter dem Belgier Francois Duval (Citroën) und seinem Markenkollegen und Landsmann Mikko Hirvonen nur Vierter. Grönholms Begründung für den Unfall: Ich hatte plötzlich eine Kuh neben der Wertungsprüfung gesehen. Das hat mich aus dem Konzept gebracht. Zum besseren Verständnis: Grönholms Hobby ist die Landwirtschaft, und diese Art von Milchviechern soll es auch in Finnland geben …

Schade, ich hätte gern noch ein wenig an der Spitze mit ihm gekämpft. Und ich hätte ihn auch ohne seine Fehler distanziert. War es nur gesundes Selbstbewusstsein oder unverhohlene Arroganz, mit der Seb bedauernd auf das ausgebliebene Duell mit seinem Ex-Teamkollegen Francois Duval zurück blickte? Einen Vorsprung von 1,3 Sekunden hatte der Belgier nach den Freitag-Prüfungen auf den Mann aus dem Elsass mit in den zweiten Rallyetag genommen. Diesen Wimpernschlag an Hoffnung musste er jedoch schon auf der ersten Samstag-WP gegen die bittere Erkenntnis, dass das jetzt wohl nicht mehr reichen wird, eintauschen. Zwei zwar schmissige, aber Zeit raubende, Polka-Einlagen ließen Duval frühzeitig auf Rang vier hinter Loeb und das Ford-Duo Hirvonen / Grönholm zurückfallen.

Der Franzose gab sich nach getaner Arbeit aufgeräumt: Sechs Mal in Folge gewonnen, natürlich gehört Deutschland zu meinen Lieblings-Rallyes. Auch, weil viele Fans aus dem Elsass nach Trier kommen. Demzufolge wurde am Sonntag Nachmittag vor der Porta Nigra bei der Siegerehrung wieder einmal Diner for one gegeben Gut vier Monate vor Silvester. Same procedure as last year, Sébastien? – Same procedure as every year!

Eine Prozedur, die langsam zur Gewohnheit wird. Irgend einer aus dem Kreis der Pedal-Virtuosen versucht Jahr für Jahr, dem Elsässer seinen traditionellen Deutschland-Ausflug zu vergällen. Gelungen ist es bisher noch niemandem. Woraus zu orakeln wäre, dass das Massenspektakel rund um Trier frühestens nach dem Eintreten des erst 33-Jährigen in den aktiven Vorruhestand einen anderen Sieger erleben dürfte. Vorausgesetzt, das mediale Schaulaufen der Auto-Industrie um deren Hochleistungsprodukte an der Mosel ist bis dahin nicht längst im Auspufftopf eines World Rallye Car auf Nimmerwiedersehen unter gegangen.

Was schade wäre, denn die Formel 1 zwischen Wein und Wald hat mehr zu bieten als nur das Dauer-Abo des Franzosen auf den Siegerpokal. Scheich Khalid Al-Qassimi etwa. Der Mann aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hat sich mit jede Menge Zaster (geschätzten 30 Millionen Dollar) für drei Jahre in das BP-Ford-Werksteam eingekauft. Seit der Finnland-Rallye pilotiert er den dritten WRC neben den beiden Skandinaviern. Was dem Auto, dessen Serienversion im Saarland gebaut wird, den Schriftzug Abu Dhabi bescherte.

Neben dem arabischen Newcomer war der romanische Oldtimer der Knüller der Deutschland 007. Erstmals seit den Zeiten eines Ben Hur maßen sich die schlagkräftigsten Streitwagen der Welt im Wettkampf rund um das römische Stadttor im Circus maximus. Das Trierischste aller Trierer Wahrzeichen überstand diesen perfiden Anschlag der modernen Verbrennungstechnik offensichtlich ohne sichtbare Schäden. Wenngleich die Hütte um den 1,5 Kilometer langen Kurs rappelvoll war, mangelte es doch an lautstarker Atmosphäre wie etwa bei der Wehrübung in Baumholder. Die Hardcore-Fans ziehen nun mal Heavy Metal zwischen Hinkelsteinen einer gepflegten Tischmusik im Wohnzimmer vor.

Text: Jürgen C. Braun, Fotos: Oliver Kleinz/Achim Diesler

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