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Mitunter kommt die Tour in Gegenden Frankreichs, die von ihrer bizarren Schönheit her einfach atemberaubend sind. Auch nach vielen Jahren Tour-Begleitung entdeckt man dort, wo man eigentlich glaubte, alle gängigen Berge und Pässe längst aus dem berühmten Effeff zu kennen, Flecken, die den Betrachter immer wieder ergreifen. Die Alpen haben nicht die kahle, steil emporragende, wie in den Boden zementierte Erscheinungskraft der Dolomiten, nicht die feindliche, abwesende und schroffe Haltung der Pyrenäen und nicht den exaltierten Gigantismus der Himalaya-Riesen, die den Menschen erdrücken, in Ehrfurcht erstarren und niederknien lassen. Die Alpen haben – vor allen Dingen in Savoyen – stets auch eine gewissen Charme und eine Kapriziosität. So erlebten wir am Dienstag morgen nach dem Ruhetag in Tignes, das trotz seiner Betonburgen-Beschaffenheit nicht das sterile und unfreundliche Abzocker-Gehabe eines L'Alpe d'Huez hat, ein grandioses Naturschauspiel.

Vom Startort in Val d'Isère, dort wo mit dem Kriterium des ersten Schnees immer die alpine Ski-Saison eröffnet wurde, bevor es Rossignol, Fischer und Co. nach Chile und Argentinien zog, wo es noch fundamentale Marktlücken zu schließen galt, ging es nach wenigen Kilometern bereits in die erste Rampe. Das Tal der Isère ist etwas abgelegen vom großen Touristenstrom, es fehlt die Autobahnverbindung von Albertville oder Chambery hinauf. Daher war der 2770 Meter hohe Col de Iseran in diesem Jahr nicht nur das Dach der Tour, sondern bot mit einem Anstieg durch liebliche, artenreiche Vegetation, einem grandiosen weitläufigen Ausblick ins Tal der Isère bis hinüber ins Gletscherparadies von Tignes mit seinem stahlblauen See in etwa 50 Kilometern Entfernung ein pittoreskes Panorama, das uns bisher verborgen blieb. Der Anstieg zum Iseran wird einer der Tage sein, die mir, auch weil kein einziges Wölkchen den Himmel trübte, immer unvergesslich bleiben.

Das wird es wohl auch für Monsieur Sarkozy. Der neu gewählte französische Staatspräsident, der noch die Heerscharen der Zweifler, der Sozialisten und der Le-Pen-Anhänger von sich und seiner Politik überzeugen muss, gab sich am Dienstag die Ehre. Nirgendwo dort ist Öffentlichkeitsarbeit für ein französisches Staatsoberhaupt wirksamer als an jenen Schauplätzen, an den die Grande Nation Tradition und Größe des eigenen Landesmit einer gewissen Weltoffenheit eindrucksvoll miteinander verbindet. Am Fuße des Galibier stieg Sarko, wie ihn seine Landsleute nennen, in den roten Škoda Superb mit der Startnummer 1 zu Tour-Direktor Christian Prudhomme ins Auto. Zwei unaufffällig auffällige schwarze Limousinen aus landeseigener Produktion, nämlich Peugeot 607 HDi FAP mit Body Guards, fuhren davor und dahinter.

Man mag das alles als werbewirksamen Auftritt des Monsieur Nicolas Sarkozy betrachten, doch der Akt regt auch zum Nachdenken und auch zur Nachahmung an. In einigen Wochen beginnt in Saarbrücken die Deutschland-Tour der Radprofis. Man stelle sich einmal vor, la chancellière allemande, wie die Franzosen sagen, also Angela Merkel, würde die Rundfahrt einen Tag lang begleiten. Einfach unmöglich derzeit in einem Land, in dem der Radsport mit Begeisterung kaputt geschrieben und gesendet wird. Es geht auch anders. Das hat das Beispiel Sarkozy gezeigt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Sommertag, Ihr Jürgen C. Braun

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