Wenn die Milchbubis in den Rennsattel steigen

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Früher… – nein, da war mitnichten alles besser, aber früher trugen gestandene Motorrad-Rennfahrer auch noch gestandene Vornamen. So wie Toni (Mang) oder Hans-Georg (Anscheidt) etwa. Damit kann man heute anscheinend keinen Auspufftopf mehr gewinnen. Beim IDM-Lauf auf dem Nürburgring beispielsweise standen nach dem Lauf zum ADAC Junior Cup Luca, Jan und Kevin auf dem Treppchen. Danach folgte Ben und – tatsächlich – Sarah. Deutet sich da etwa die Karriere einer wilden Amazone an, war Katja Poensgen vielleicht doch mehr als nur eine einmalige Fata Morgana im Sattel gewesen? Hat sie möglicherweise Spuren hinterlassen?

Luca Grünwald ist 15 und dürfte, wäre er Fußballer, noch leicht und locker in der B-Jugend kicken. Aber Luca ist nun mal kein Fußballer, sondern hängt wie ein tropfenförmiges Etwas windschnittig auf seiner Aprilia, wenn es um Cup-Punkte geht. Wenn der Junge mit breitem Gang durch die Boxengasse schlendert, dann sieht das in etwa so aus, als würde John Wayne nach drei Tagen und drei Nächten im Sattel wieder die ersten Gehversuche unternehmen. Sie sind alle erst 15, 16, vielleicht 17 Jahre alt, diese Horde, die mit an die 150 km/h wie ein schriller Hornissenschwarm kreischend die GP-Strecke in der Eifel umkurvt. Jeder für sich so eine Art Speedy Gonzales der Clearasil-Generation.

Natürlich, sagt Luca, will er später ins Profilager, um dort vielleicht einmal die Nachfolge der Herren Rossi oder Schwantz anzutreten. Über die ADAC Mini Bike Meisterschaft kam er heuer in den Junior Cup. Als Jüngster erhielt er traditionsgemäß die Startnummer 1. Aber der Bursche aus dem bayerischen Waldkraiburg ist nicht nur der Jüngste, sondern auch der Schnellste. Da tun sich für Milupa oder Alete völlig neue Vermarktungsmöglichkeiten auf und findige Werbestrategen tragen bereits das Dollar-Zeichen im Auge.

Total geil sei das alles, meint Luca, denn immerhin führt er nach drei Läufen mit 45 Punkten auch noch die Cup-Wertung an. Am Sonntag fuhr er 14 Runden lang einen Schnitt von 116,254 km/h pro Runde. Seine Topspeed-Werte lagen permanent zwischen 150 und 152 km/h. Wenn du eine gute Ausbildung hast und auch das Risiko einzuschätzen weißt, sei das kein Problem, meint der junge Mann, der beim ADAC Südbayern das schnelle Motorrad fahren gelernt hat. Dort bringen sie den Jungs bei, nicht nur schnell, sondern auch verantwortungsbewusst zu fahren.
Ob er sich denn vorstellen könnte, mal so berühmt zu werden wie Lewis Hamilton, wollten wir wissen: Darüber, meint Luca, mache er sich nun wirklich keine Gedanken, denn erstens fährt der Auto und zweitens ist der ja viel älter als ich. Es ist halt – wie so vieles im Leben – alles eine Frage der Perspektive.

Text und Bilder: Jürgen C. Braun

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