CD-Tipp der Woche

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Hildegard Knef: Worum geht's hier eigentlich? (Warner)

Eine berühmte Sängerin – so gut wie möglich inkognito unterwegs – hört in einer Züricher Diskothek eine Choraufnahme und ist hellauf begeistert. Was sie da hört, ist vom eigenen Sound enorm weit entfernt. Den Namen des Chors kennt die Sängerin nicht. Da sie aber ohnehin das Gefühl hat, mit dem eigenen Sound in einer Art Sackgasse zu stecken und einmal etwas ganz anderes machen möchte, beschließt sie: Mit denen mache ich mein nächstes Album! Die Gemeinschaftsproduktion kommt tatsächlich zustande, wobei erst einmal etliche Meter Tonband ins Unreine aufgenommen werden.

Musikproduktion im Jahre 2007? Nicht ganz. So ähnlich hat Hildegard Knef die Entstehung ihrer LP Worum geht's hier eigentlich? von 1971 beschrieben. Die Knef war damals Mitte 40, auf dem Höhepunkt ihrer Laufbahn als Sängerin, Schauspielerin und Autorin, auch durch ihr Äußeres wie nebenbei zur Stil-Ikone geworden. Was sie da in Zürich gehört hatte, war eine bunte Truppe aus der ganzen Welt, zusammengestellt von einem gerade mal dreißigjährigen Musikfreak. Als Les Humphries Singers hatten sie mit Rock My Soul gerade den ersten Chartstürmer gelandet.

Üppiger Chorgesang, eine noch üppigere Instrumentierung – es scheint, als habe Les Humphries bisweilen hemmungslos das musikalisch Machbare ausgereizt – und dazu die spröde Ironie einer lebensweisen Dame. Man muss der Plattenfirma wirklich Respekt zollen für den Mut, diese Langspielplatte genehmigt zu haben – den nicht eintretenden Verkaufserfolg voraussehend: Was? Dir geht's gut? Da muss doch was zu machen sein! Schon der erste Titel zeigt, dass hier keine leicht zu konsumierende Tonware produziert werden sollte.

Und dann die Überraschung, denn Les Humphries, der selbstbewusst-jungenhafte Chorleiter verstand sich genau so auf die leisen Töne: Die Schnecke, keine zwei Minuten lang, mit einem Text, über den sich vorzüglich rätseln lässt. Oder das ganz und gar nicht rätselhafte Nur mit dir.

Sie haben sich zusammengerauft, der Chor und die Diva, das Ergebnis kann sich heute mehr denn je hören lassen. Zu Hildegard Knefs Wechsel der Plattenfirma 1972 mögen die geringen Verkaufszahlen beigetragen haben – die Les Humphries Singers erwiesen sich noch vier Jahre lang als Goldgrube für ihre Plattenfirma. Und als Sprungbrett zur Karriere für Jürgen Drews, John Lawton (Uriah Heep) und Liz Mitchell (Boney M), um nur einige zu nennen.

Was nicht leicht zu konsumieren ist, muss ja nicht ohne Reiz sein. Entsprechend war es eine gute Entscheidung, die LP von früher auf CD zugänglich zu machen. Nicht zuletzt, weil Liebhaber für die Vinylrärität einiges hinzublättern bereit sind …

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